Neues Gesetz: Solarenergiegebiete und Beschleunigungsgebiete für Solaranlagen

Grafik zeigt, wie ein Solarenergiegebiet oder Windenergiegebiet künftig in Flächennutzungsplänen zu kennzeichnen ist.Grafik: BMWK
So sollen künftig Solar- und Windenergiegebiete in Flächennutzungsplänen zu erkennen sein.
Zahlreiche neue Regelungen für Photovoltaik- und Solarthermie-Freiflächenanlagen samt zugehöriger Speicher ergeben sich aus dem am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Einführung von Beschleunigungsgebieten für Wind- und Solarparks. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung Vorgaben der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) erfüllen, die neben Solarparks auch die Windenergie betreffen. Dieser Artikel betrachtet die Gesetzesnovelle aus Perspektive der Solarenergie:

Gegenüber dem Referentenentwurf, der Anfang April öffentlich wurde, hat die Bundesregierung den aktuellen Gesetzentwurf, den sie in dieser Woche beschlossen hat und nun in den Bundestag einbringt, an etlichen Stellen geändert. Eingeführt werden auch Solarenergiegebiete. Und eine der relevantesten Ergänzungen ist, dass nun auch Speicher im räumlich funktionalen Zusammenhang mit den Wind- und Solarparks die neuen Privilegien der Beschleunigungsgebiete genießen sollen.

Speicher für Solarenergiegebiete

Was das konkret bedeutet, erklärt die Gesetzesbegründung: „Neben den Solarenergievorhaben selbst können in Solarenergiegebieten auch nicht planfeststellungs- oder plangenehmigungsbedürftige Energiespeicher (Strom und Wärme) am selben Standort zugelassen werden. (…) Erfasst sind Kombinationen aus einer Energiespeicheranlage und einer Anlage zur Erzeugung von erneuerbarer Energie, die an denselben Netzanschlusspunkt angeschlossen sind. Die erfassten Speicher müssen im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Solarenergieanlage verwirklicht werden und gegenüber dieser eine dienende Funktion aufweisen. Sie sind rechtlich aber nicht auf die Speicherung der vor Ort erzeugten erneuerbaren Energie beschränkt.“

Für den Strombereich beschreibt die Gesetzesbegründung als „praxisrelevantesten Fall“ den Batteriespeicher, „der den Solarpark bei der Markt- und Netzintegration des erzeugten Stroms unterstützt“. Spätestens ab einer Flächenausdehnung des Batteriespeichers von zwei Hektar oder einer Höhe von acht Metern sei aber „davon auszugehen, dass die Kriterien des räumlich-funktionalen Zusammenhangs und der dienenden Funktion nicht mehr erfüllt sind und es sich vielmehr um eine eigenständige Speicherinfrastruktur handelt“.

Auch für Wärmespeicher in Verbindung mit großen Solarthermieanlagen zieht die Gesetzesbegründung entsprechende Grenzen. So seien bei Behälterspeichern ab einer Höhe von 25 Metern und bei Erdbeckenspeichern „spätestens ab einer Flächenausdehnung von einem Hektar“ die Kriterien für eine Privilegierung nicht mehr gegeben. Gar nicht beschleunigen will die Bundesregierung diverse Formen von unterirdischen Wärmespeichern, die sich durch die erforderlichen Bohrungen von oberirdischen Erdbeckenspeichern unterscheiden lassen.

BauGB-Änderung für Solarenergiegebiete

Der Kern der Gesetzesnovelle ist aus Sicht der Solarbranche, dass nun – ähnlich wie bereits seit längerem für Wind möglich – auch Solarenergiegebiete ausgewiesen werden können. Die wichtigsten Akteure sind dabei die Kommunen und das Hauptinstrument ist der neu einzuführende § 249 b des Baugesetzbuches (BauGB). Er definiert ein neues Verfahren zur Flächenbereitstellung für Solarenergieprojekte elektrischer oder thermischer Art. So schafft die Bundesregierung über den vorgelagerten Flächennutzungsplan eine Alternative zur Aufstellung von Bebauungsplänen. Wobei es jeder Kommune überlassen bleibt, ob sie dieses Instrument nutzen möchten oder ob sie lieber weiterhin auf einen Bebauungsplan setzt, um einen Solarpark zu ermöglichen.

Am Ergebnis muss das nicht viel ändern, denn auch bei der Ausweisung eines Solarenergiegebiets im Flächennutzungsplan kann die Kommune bereits alle entscheidenden Vorgaben machen, die mit städtebaulicher Begründung bislang üblicherweise im Bebauungsplan vorgenommen werden. Strategisch und praktisch bestehen zwischen beiden Verfahren allerdings große Unterschiede: Während Kommunen heute oft mit ihrer Bauleitplanung oft erst auf mehr oder weniger fortgeschrittene Projektplanungen von PV-Projektierern und Grundbesitzern reagieren, kann man sich zumindest vorstellen, dass sie mit einer aktiven Flächennutzungsplanung zugunsten der Solarenergie proaktiver und nach breiterer demokratischer Diskussion über Ob, Wo und Wie von solaren Freiflächenanlagen auf ihrem Gebiet entscheiden.

So könnten sie beispielsweise auch vorgeben, ob im Fall der Fälle auf bestimmten Flächen klassische Freiflächenanlagen oder Agri-Solaranlagen geplant werden sollen oder ob ein Gebiet für das Kollektorfeld eines solaren Wärmenetzes zu reservieren ist. Gerade in Verbindung mit der kommunalen Wärmeplanung erscheint eine solche proaktive Flächenanalyse und -ausweisung für die solare Strom- und/oder Wärmegewinnung angesagt.

Beschleunigung der Genehmigungsverfahren

Das Kernanliegen, wegen dessen EU-Gremien und Bundesregierung die Möglichkeit von Solarenergiegebieten schaffen wollen, ist allerdings wohl die Verfahrensbeschleunigung für PV-Parks, die sie sich davon erhoffen. Denn vor allem die Fragen von Umwelt- und Artenschutz sowie die Regelung von Kompensationsmaßnahmen werden im Zuge der Flächennutzungsplanung vorgezogen und sollen dadurch größtenteils bereits erledigt oder zumindest weitgehend standardisiert sein, wenn es an die konkrete Projektplanung geht. Für die Projektierer sollen damit zahlreiche Risiken minimiert und die Projekte beschleunigt werden. Auf einen Bebauungsplan können Kommunen künftig in Solarenergiegebieten verzichten, sofern die einschlägigen öffentlichen Belange bereits bei der Ausweisung dieses Gebiets abgewogen wurden. Mindestens die Belange des Denkmalschutzes sowie des Erholungswertes der Landschaft oder des Orts- und Landschaftsbildes müssen vor der Ausweisung eines Solarenergiebietes vollständig abgewogen worden sein.

Die Ausweisung im Flächennutzungsplan schaffe somit zwar noch nicht unmittelbar Baurecht, erläutert die Gesetzesbegründung, aber die Planung wirke wie eine Privilegierung. Wer unter diesen Bedingungen einen Solarpark bauen will, muss allerdings noch einige gesetzliche Auflagen erfüllen. So ist beispielsweise eine zusätzliche Verpflichtungserklärung zum Rückbau und zur Beseitigung der entstandenen Bodenversiegelungen nach der Nutzungsdauer abzugeben.

Beschleunigungsgebiete für Solarenergie

Zusätzlich können Kommunen nach dem Regierungsentwurf Solarenergiegebiete auch zu Beschleunigungsgebieten erklären, sofern sie nicht in Natura 2000-Gebieten, Naturschutzgebieten, Nationalparks, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten sowie Nationalen Naturmonumenten liegen. Während aber nach dem Gesetzentwurf Windenergiegebiete mit Ausnahme dieser Schutzgebiete automatisch auch zu Beschleunigungsgebieten werden sollen, steht die Ausweisung dieses Zusatzfeatures bei Solarenergiegebieten im Ermessen der Kommunen.

Der wichtigste Grund dafür ist die Verringerung des Aufwands in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren. Denn in einem ausgewiesenen Beschleunigungsgebiet soll künftig im Zulassungsverfahren für Wind- und Solarparks einschließlich zugehöriger Nebenanlagen und Speicher die Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen, ebenso die Artenschutzprüfung sowie Prüfungen in Bezug auf ein Natura 2000 Gesetz und das Wasserhaushaltsgesetz. Stattdessen prüft die Genehmigungsbehörde die Umweltauswirkungen des Projektes lediglich nach Datenlage. Die Daten sollten dabei in der Regel nicht älter als 5 Jahre sein und in ausreichender Genauigkeit vorliegen.

Stellt sich bei der Überprüfung heraus, dass Umweltauswirkungen zu befürchten sind, so werden dem Projektierer Minderungsmaßnahmen auferlegt aus einem neuen Katalog, der als Anlage 3 dem Baugesetzbuch hinzugefügt wird. Die Kommune legt für das Gebiet geeignete Minderungsmaßmahmen bereits im Flächennutzungsplan fest. Sie soll sich dabei an dem Katalog der BauGB-Anlage orientieren, ist aber nicht an ihn gebunden. Auch ist es denkbar, dass die Länder den Gemeinden standardisierte Regeln für Minderungsmaßnahmen zur Verfügung stellen, aus denen die Gemeinden die jeweils für das Beschleunigungsgebiet relevanten Regeln auswählen.

Freikauf vom Artenschutz

Der Clou ist dabei, dass sich Projektierer in den Beschleunigungsgebieten auch gewissermaßen von Minderungsmaßnahmen freikaufen können beziehungsweise müssen. Diese Möglichkeit greift, wenn bei Erteilung der Genehmigung entweder keine ausreichenden Daten vorliegen, um Minderungsmaßnahmen anzuordnen oder wenn keine geeigneten Minderungsmaßnahmen verfügbar sind, um den erwartbaren Umweltauswirkungen zu begegnen. Dann hat die Genehmigungsbehörde eine entsprechenden Zahlung anzuordnen. Während im Referentenentwurf von Anfang April zunächst monatliche Zahlungen vorgesehen waren, setzt das Bundeskabinett nun auf einmalige Zahlungen, die mit der Inbetriebnahme fällig werden.

Sollten Maßnahmen erforderlich, aber nicht verfügbar sein, fallen für Solaranlagen 12.000 Euro je Megawatt (MW) an. Für die zugehörigen Energiespeicher werden in diesem Fall 160 Euro je Quadratmeter der dadurch versiegelten Fläche berechnet. Sofern keine Daten vorhanden sind, auf deren Grundlage die Behörde geeignete Maßnahmen anordnen kann, so zahlen Solarbetreiber 4.800 Euro je MW und für Energiespeicher 60 Euro je Quadratmeter. Für Windkraftanlagen liegen die Tarife je MW deutlich höher. Das Geld fließt als zweckgebundene Abgabe an den Bund, der sie für nationale Artenhilfsprogramme nach § 45d des Bundesnaturschutzgesetzes verwenden muss.

Werden Kommunen oder Länder für Solarenergiegebiete aktiv?

Ob die Kommunen nach Abschluss der Gesetzesnovelle tatsächlich in großer Zahl die neue Möglichkeit nutzen und Solarenergiegebiete und Beschleunigungsgebieten für Solarenergie ausweisen, bleibt abzuwarten. Einige Branchenkenner erwarten, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch künftig das Mittel der Wahl bleibt, um Solarparks zu ermöglichen. Denkbar ist allerdings auch, dass die Bundesländer eine weitere Möglichkeit nutzen werden, die diese Gesetzesnovelle schaffen soll. Mit Änderungen am Raumordnungsgesetz (ROG) soll es nämlich künftig auch möglich sein, sogenannte „Vorranggebiete für Solarenergie“ auf einer übergeordneten Planungsebene einzurichten. In ihrer praktischen Wirkung sind diese Vorranggebiete den von Kommunen festgesetzten Solarenergiegebieten weitgehend gleichgestellt.

Eine übergeordnete Raumordnungsbehörde kann somit das Verfahren im eigenen Ermessen an sich ziehen und die Kommunen dadurch entlasten. Sie muss dann allerdings eine vollständige Abwägung aller betroffenen Belange vornehmen. Geschieht dies, so können auch im Raumordnungsplan ausgewiesene Vorranggebiete zusätzlich als Beschleunigungsgebiete ausgewiesen werden, sofern sie nicht in Gebieten mit besonderem Naturschutzstatus liegen. Dann entfallen wie bei einem auf kommunaler Ebene ausgewiesenen Beschleunigungsgebiet im Flächennutzungsplan unter anderem UVP und Artenschutzprüfung bei späteren Genehmigungsverfahren.

Mit der Aufnahme der solaren Vorranggebiete ins ROG möchte die Bundesregierung offenbar auch eine Doppelnutzung von Flächen erleichtern – beispielsweise zwischen Landwirtschaft und Photovoltaik. Die heute in manchen Bundesländern üblichen projektbezogenen Zielabweichungsverfahren beim Bau von Solaranlagen auf für die landwirtschaftliche Nutzung ausgewiesenen Flächen könnten in proaktiv ausgewiesenen Vorranggebieten für Solarenergie entfallen.

Solarenergiegebiet speziell für Agri-PV oder netzverträgliche PV-Parks oder Solarthermie

Im übrigen steht es Kommunen frei, für Solarenergiegebiete bestimmte Vorgaben zu machen, etwa zur Größe der dort erlaubten Solaranlagen oder zu deren Art. So erwähnt die Gesetzesbegründung ausdrücklich Agri-PV oder die Kombination von Solaranlagen mit Speichern als Beispiele für kommunale Rahmensetzungen.

Städte und Gemeinden können, anders als im Referentenentwurf ursprünglich vorgesehen, nicht nur ihre künftigen Solarenergiegebiete im Außenbereich nach dem Baugesetzbuch (BauGB) zu Beschleunigungsgebieten erklären. Vielmehr soll die Option auch für Bereiche innerhalb von Bebauungsplänen nach § 30 BauGB sowie im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 BauGB gelten. So könnte beispielsweise die Genehmigung von Solaranlagen in Gewerbegebieten, auf Parkplätzen und im Bereich von Verkehrsinfrastrukturen vereinfacht werden. Ausschließen will die Bundesregierung die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten auf Gewässern, weil für Floating-PV-Anlagen noch zu wenige Erkenntnisse über deren Umweltwirkungen vorlägen.

Kürzere Fristen für Behörden

In allen Beschleunigungsgebieten haben die für die Immissionsschutzrechtliche Genehmigung zuständigen Behörden nun nur noch 30 Tage Zeit, um die Vollständigkeit der vom Antragsteller eingereichten Unterlagen zu bestätigen. Außerhalb der Beschleunigungsgebiete verlängert sich die Frist auf 45 Tage. Auch mit diesen Fristen kommt die Bundesregierung einer Verpflichtung aus der europäischen Ermeuerbare-Energien-Verordnung RED III nach.

Ausnahme von der Anlagenzusammenfassung

Neu gegenüber dem Referentenentwurf vom April sind auch einige Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). So stellt eine Änderung des § 24 EEG zur sogenannten „Anlagenzusammenfassung“ sicher, dass PV-Freiflächenprojekte innerhalb von Solarenergiegebieten bei den EEG-Ausschreibungen solche in baurechtlich nicht privilegierten benachbarten Gebieten während des Bebauungsplanverfahrens nicht „überholen“. Demnach darf die Bundesnetzagentur für die Bestimmung der aktuellen 50-MW-Grenze für die Ausschreibungen jene Anlagen, die innerhalb eines Solarenergiegebietes liegen, nicht mit solchen zusammenfassen, die außerhalb liegen. Weitere EEG-Anpassungen sorgen dafür, dass Freiflächenanlagen in Solarenergiebieten auch ohne Bebauungsplan förderberechtigt sind und dass für sie Abgaben in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde nach § 6 EEG an die Standortkommune gezahlt werden dürfen.

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH

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