Politische Debatte um frühes Ende des EEG

Zu sehen ist der Deutsche Bundestag. Verbände fordern nach der Bundestagswahl schnelles Handels für Klimaschutz und Energiewende.Foto: Jogerken / stock.adobe.com
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat sich für ein „schnellstmögli­ches“ Ende der Solarförderung ausgesprochen. Dazu gibt es Contra vom grün geführten Bundeswirtschaftsministerium und vonseiten der SPD. Doch das EEG könnte sich bald ändern.

Gegenüber den Solarthemen erklärt das Bundesfinanzministerium zur Debatte um das EEG (BMF): „Das Bundesministerium der Finanzen hatte sich im Rahmen der Beratungen zur Wachstumsinitiative für ein frühzeitigeres und sukzessives Auslaufen der EEG-Förderungen und eine Stär­kung des marktgetriebenen Ausbaus ausgesprochen.“

Lindner sagte, bei der Solarförderung bestehe „ein dringender Handlungsbedarf“. Die Subventionen seien massiv gestiegen. Und weil sich die Photovoltaik rechne, müsse die Förderung in der Breite schnellstmöglich beendet werden. So sei für ihn die Befreiung von der Mehrwertsteuer für neue Kleinanlagen auf dem Hausdach schon Förderung genug. Daher will der Finanzminister mehr Tempo beim Ende der „Subventionen“. Ihm ist es zu spät, damit bis zum Kohleausstieg zu warten. 

Wachstumsinitiative auf Kurs?

Kurz zuvor hatte sich Lindner mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck auf eine „Wachstumsinitiative“ geeinigt. Darin haben sie sich bereits auf weitreichende Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verständigt. Geplant ist unter anderem der Abschied von den bekannten EEG-Vergütungen. Stattdessen soll es Investitionszuschüsse geben. Diesen Vorschlägen in der „Wachstumsinitiative“ müsste allerdings das Parlament in der Debatte um das EEG auch erst noch zustimmen. 

Lindner will nun sogar noch einige Schritte weitergehen und radikalere Einschnitte fordern. Das BMF betont währenddessen gegenüber den Solarthemen: „Die gefundenen Vereinbarungen der Wachstumsinitiative haben davon unbenommen Bestand und enthalten bereits wichtige Reformelemente zur Förderung erneuerbarer Energien.“

Strommarktdesign der Zukunft

Bezug zur Initiative nimmt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) in seinem Anfang August veröffentlichten Papier zum „Strommarktdesign der Zukunft“. Darin geht es auch um die Förderung erneuerbarer Ener­gien. Das Ministerium weist hier insbesondere darauf hin, dass die derzeit bei Anlagen ab 100 Kilowatt vorgegebene glei- tende Marktprämie  ab dem 1. Januar 2027 europarechtlich so nicht mehr zulässig sei. Es sei ein Rückzahlungsinstrument einzuführen, ein so bezeichneter „Claw-back“: Zahlungen der Betreiber:innen an den Staat. Auch die reformierte EU-Elektrizitätsbinnenmarkt-Verordnung lasse ab 2027 direkte Preisfördermechanismen nur noch mit Claw-back zu, so das BMWK.

 Um diese Anforderung zu erfüllen, nennt das Ministerium in seinem Strommarktdesign-Papier vier Optionen:

  • Gleitende Marktprämie mit Refinanzierungsbeitrag – dies würde ähnlich funktionieren wie die derzeitige Marktprämie, aber unterstützende Zahlungen würden nur unterhalb des bestimmten Marktwertes gezahlt. Lägen er oberhalb eines bestimmten Wertes, müsste der Betreiber Geld an den Staat zahlen. Zwischen den beiden Werten gäbe es einen Korridor, innerhalb dessen der Betreiber kein Geld abführen muss und keine staatliche Unterstützung erhält.
  • Produktionsabhängiger zweiseitiger Differenzvertrag ohne Marktwertkorridor: Diese Option ähnelt der ersten, doch hier wird ein fester Wert bestimmt, der Unterstützung und Rückzahlung trennt.
  • Produktionsunabhängiger zweiseitiger Differenzvertrag: Bei dieser Variante fließen ebenfalls eine staatliche Unterstützung oder ein Claw-back, allerdings nicht auf Basis der tatsächlich produzierten Kilowattstunden Strom, sondern errechnet aus dem theoretischen Produktionspotenzial einer Anlage.
  • Kapazitätszahlung mit produktionsunabhängigem Refinanzierungsbeitrag – dies ist wiederum eine Variante der dritten Option. Sie verzichtet jedoch auf eine praktische oder theoretische Stromproduktion und richtet sich lediglich an der Leistung einer Anlage aus.

Fester Zuschuss statt EEG-Vergütung

Offenbar genießt die vierte Variante beim BMWK Priorität, obwohl das Ministerium selbst erklärt, das Modell berge neue Herausforderungen und Risiken. Denn: „Diese Option entspricht dem in der Wachstumsinitiative skizzierten Vorgehen und wird deshalb vom BMWK weiter geprüft.“ Die Beschlüsse zur Initiaitive wirken also bereits in Grundlagenpapiere, die das EEG verändern sollen. Verbunden mit der vierten Option wären feste jährliche Zahlungen an Anlagenbetrei­ber:in­nen, die unabhängig von der tatsächlichen Produktion erfolgen. Das gleiche gilt für die Rückzahlungen, die der Staat fordern kann. Ermitteln will das BMWK dies anhand von Referenzanlagen. Betreiber:innen, deren Anlagen deutlich mehr erwirtschaften oder die den Strom gut verkaufen, profitieren von einem solchen System. Betreiber:innen, denen das nicht gelingt, müssten möglicherweise trotz Verlusten Zahlungen an den Staat leisten. 

Beschlossen ist noch nichts. Und bis zum 6. September nimmt das BMWK auch noch Stellungnahmen zum Strommarktdesign entgegen.

Veto aus dem Bundestag zur aktuellen Debatte um das EEG?

Damit ist allerdings nicht gesagt, dass die neuen Vorschläge zum EEG bei der Debatte im Parlament eine Mehrheit fänden. So weist Nina Scheer, die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, gegenüber den Solarthemen darauf hin, dass in der  Wachstumsinitiative in kurzfristiger Perspektive lediglich von Tests neuer Ansätze im Rah­men eines Reallabore-Gesetzes die Rede sei. Und dies müsse auch erst noch durchs parlamentarische Verfahren gehen.

„Darüber hinaus formuliert die sogenannte Wachstumsinitiative der Bundesregierung das Ziel einer Umstellung auf Investitionskostenförderung für die Zukunft“, so Scheer: „Dies würde einer grundsätzlichen Neuausrichtung des Förderregimes für erneuerbare Energien entsprechen. Es wäre nicht mehr die Stromproduktion über 20 Jahre finanziell abgesichert, sondern das Projekt würde nur anfangs über einen einmaligen Betrag bezuschusst. Ich halte eine solche Umstellung auf Investitionskostenförderung für verfehlt. Denn sie bedeutet, dass die Unsicherheit für die Akteure steigt. Wenn man unterstellt, dass Kalkulationsunsicherheiten eingepreist werden, kann dies die Förderbedarfe sogar aufblähen. Untaugliche Regelungen sollten nicht eingeführt werden.“ 

Laufende Verbesserungen

Über solche Initiativen müsse man öffentlich diskutieren. „Darüber entscheidet auch mit, was letztlich Gesetz werden kann und was nicht“, sagt Scheer. Ihr ist es zudem wichtig festzuhalten, dass die Regierungskoalition von Anfang an und laufend in Gesprächen zu Verbesserungen des Regulierungsrahmens für den Ausbau der erneuerbaren Energien sei. „Hier wurde schon einiges an Erleichterungen für den Ausbau geschaffen“, betont die Abgeordnete: „Das bildet sich ja auch in den Ausbauzahlen ab.“

Verbunden ist die EEG-Debatte über das Wie der Förderung erneuerbarer Energien mit der Frage nach den Kosten. Gerade vonseiten der FDP wird häufig ins Feld geführt, dass die wachsenden Kosten kaum tragbar seien. So erklärt auch das BMF, dass eine Absenkung oder Abschaffung von EEG-Vergütungen zwar nur auf künftige Verträge Anwendung finde. Doch bei einem Ende der jetzigen EEG-Förderung „würden die Förderbedarfe weniger stark steigen und sich schrittweise mittel- bis langfristig sogar eine entlastende Auswirkung auf den Haushalt einstellen“. 

Wie teuer ist das EEG?

Das BMWK erklärt, aufgrund der Systematik des EEG habe eine Verringerung der Förderung für Neuanlagen kurzfristig keine relevanten  Auswirkungen auf den Haushalt. Allerdings führten gesunkene Börsenpreise zu höheren Beträgen auf dem EEG-Konto, die jetzt vom Bund auszugleichen seien. Das Wirtschaftsministerium verweist auf den Erfolg des EEG. Der frühe und ambitionierte Ausbau habe die Technologiekosten erheblich sinken lassen. Das BMWK verweist zudem darauf, dass die aktuelle EEG-Kontosimulation der Übertragungsnetzbetreiber noch deutlich unter dem bisherigen Höchststand liege, den das EEG-Konto 2020 mit minus 29,6 Milliarden Euro erreicht habe.

Scheer erklärt: „Eine kurzfristige Beendigung des EEG-Systems hätte akut keine Entlastungswirkung im Bundeshaushalt, da dies nur für Neuanlagen gelten würde. Sie hinterließe somit nur Verunsicherung, zerstörte Märkte sowie verloren gegangene Chancen auf sinkende Kosten mittels wachsender erneuerbarer Energien.“ Im Übrigen sei die verbreitete Erzählung von der Kostenexplosion durch EEG-Kosten nicht belastbar. In Scheers Augen ist die Forderung nach einem schnellstmöglichen Ausstieg aus der Solarförderung nur „ein verantwortungsloser Profilierungsversuch, der im Zweifel nur Verlierer hervorbringt – die FDP mit eingeschlossen“. Die gemeinsame politische Aufgabe sei es, an den Erfolgen zur Beschleunigung der Energiewende weiter anzuknüpfen. 

Quelle: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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