Energy Sharing: EnWG-Novelle für Energiegemeinschaften

Menschengruppe zeigt am Fuß einer WIndenergieanlage Plakate und ähnliches, um für Bürgerenergie und Energy Sharing zu demonstrieren.Foto: Jörg Farys, Bündnis Bürgerenergie e.V.
Bürgerenergieakteure haben lange für das Energy Sharing gekämpft; jetzt widmet sich das Bundeswirtschaftsministerium in der EnWG-Novelle dieser Hausaufgabe.
Mit einem Referentenentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes fasst das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) jetzt unter anderem das Thema „Energy Sharing“ an. Gemäß europäischen Vorgaben soll es künftig einfacher werden, vor Ort erzeugten Regenerativstrom regional innerhalb von Gemeinschaften zu nutzen.

Allerdings sieht der Referentenentwurf des BMWK die Option Energy Sharing bundesweit erst ab dem 1. Juni 2026 vor. Zu diesem Zeitpunkt müssten alle Verteilnetzbetreiber die gemeinschaftliche Stromnutzung zunächst innerhalb ihres eigenen Bilanzkreises ermöglichen. Zwei Jahre später soll sich der Radius erweitern, dann soll es neben dem Bilanzkreis, in dem sich die Windräder, Solaranlagen, sonstige Regenerativstrom-Anlagen oder Speicher befinden, auch zwischen jeweils unmittelbar angrenzenden Verteilnetzen möglich sein, den dort erzeugten Regenerativstrom zu teilen.

Bürgerenergie-Projekte könnten vom Energy Sharing profitieren

Einen Schub versprechen sich davon einige Bürgerenergiegesellschaften. Die neuen Regeln zum Energy Sharing sollen sie in die Lage versetzen, ihre Mitglieder im Umkreis mit Strom aus den eigenen Anlagen günstig zu versorgen. Aber auch im ganz kleinen Maßstab sollen Nachbarn, Freunde oder Großfamilien sich des neuen gesetzlichen Rahmens bedienen können, sofern sie im gleichen Verteilnetz oder ab 2028 auch in benachbarten Netzgebieten leben. Sie sollen beispielsweise eine Photovoltaikanlage – samt Speicher – mitnutzen können. Denkbar sind verschiedenste Anwendungsfälle. Beispielsweise könnte wohl ein Sportverein, der auf der eigenen Turnhalle eine PV-Anlage betreibt, seinen Mitgliedern günstigen Strom anbieten. Oder ein Einfamilienhausbesitzer mit PV-Anlage könnte seinen Nachbarn, der leider nur ein verschattetes Dach hat, den Solarstrom mitnutzen lassen, ohne das berühm-berüchtigte Verlängerungskabel über den Zaun zu hängen.

EnWG regelt Energiegemeinschaften

Im Unterschied zu der seit Mai mit dem Solarpaket der Bundesregierung eingeführten „gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ fließt beim Energy Sharing, wie es das BMWK mit der neuerlichen Gesetzesnovelle ermöglichen will, der gemeinschaftlich genutzte Strom nicht nur innerhalb eines Gebäudes oder eines Areals, sondern über ein öffentliches Netz. Dazu führt das BMWK nach den Paragrafen 42a „Mieterstromverträge“ und 42b „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ einen neuen § 42c in das EnWG ein, der mit „Gemeinsame Nutzung elektrischer Energie aus Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien“ überschrieben ist.

Als „mitnutzende Letztverbraucher“ am Energy Sharing teilnehmen können die meisten Stromverbraucher außer Großunternehmen, also neben privaten Haushaltskunden auch beispielsweise Kommunen, Vereine und kleinste, kleine und mittlere Unternehmen. Dabei formuliert der Gesetzentwurf die Einschränkung, dass „der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie nicht Haupttätigkeit des die Anlage betreibenden oder mitnutzenden Letztverbrauchers ist“. Wohl aber dürfen sich Gemeinschaften für das Energy Sharing der Unterstützung professioneller Dienstleister bedienen.

Viertelstundenmessung als Voraussetzung für Energy Sharing

Das könnte beispielsweise für die Messung und Abrechnung der Strommengen erforderlich werden, denn diese müssen laut dem Entwurf mittels Viertelstundenmessung ermittelt und abgeglichen werden.

Vertraglich zu vereinbaren sind ein Aufteilungsschlüssel für den Strom sowie die Frage, ob und in welcher Höhe die Beteiligten für den Strom ein Entgelt vereinbaren. Wichtig ist, dass mit dem Energy Sharing – ähnlich wie bei der gemeinsamen Gebäudeversorgung – keine Vollversorgung verbunden sein soll. Die Verbraucher haben also weiterhin individuell einen (Rest-)Stromversorger, den sie frei wählen können.

Außerdem will das BMWK eine Art Bagatellgrenze für bestimmte Versorgerpflichten einziehen, die sonst vor allem für Photovoltaik-, aber auch für Kleinwindanlagen und gemeinsam genutzte Speicher zu bürokratische Hürden darstellen könnten. Wenn am Energy Sharing ausschließlich Haushaltskunden teilnehmen, werden kleine Energiegemeinschaften mit Anlagen bis 30 kW von einigen Regeln des Energiewirtschaftsrechts freigestellt, die einst für große Energieversorger gemacht wurden. Und wenn die mitnutzenden Letztverbraucher mehrere Haushaltskunden innerhalb nur eines Mehrparteien-Wohngebäudes sind, so soll diese Befreiung bis zu einer installierten Leistung von 100 kW gelten. Im Unterschied zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung darf aber beim ENergy Sharing zum Beispiel eine entsprechende PV- oder Kleinwindanlage auch in deutlicher Entfernung von diesem Gebäude oder Grundstück platziert sein.

Der Solarenergieförderverein Deutschland (SFV), der sich in den letzten Jahren besonders für die Möglichkeit nachbarschaftlicher Stromversorgung stark gemacht hatte, freut sich denn auch in Reaktion auf den Referentenentwurf, dass das BMWK wichtige Teile seines Konzepts zum „Nachbarschaftststrom“ in die Passagen zum Energy-Sharing aufgenommen habe.

Vonseiten des Bundesverbands Erneuerbare Energie kommentiert dessen Präsidentin Simone Peter: „Lange haben wir darauf gewartet, endlich naht die Umsetzung: Energy Sharing wird endlich angepackt, für das die EU bereits eine Umsetzungsfrist bis Mitte 2021 gesetzt hatte. Wir begrüßen, dass nun die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende weiter gestärkt und gleichzeitig die Akzeptanz für den Ausbau der Erneuerbaren erhöht wird.“

EnWG-Novelle muss noch durch die Ressortabstimmung

Den sogenannten Referentenentwurf hat das BMWK jetzt zunächst den einschlägigen Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt. Dann wird der Gesetzentwurf noch die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien durchlaufen müssen, bevor er das Parlament erreicht. Das Artikelgesetz enthält zahlreiche weitere Änderungen von EnWG und Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Hier geht es im Besonderen um Entbürokratisierungen beim Netzzugang, aber auch um kleinere Erleichterungen wie beispielsweise für PV-Anlagen im Garten.

Die einzelnen Aspekte werden die Solarthemen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens genauer unter die Lupe nehmen.

Autor: Guido Bröer | Solarthemen Media GmbH

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