Nationales Artenhilfsprogramm: Bund legt Förderung auf

Im Bild ein Rotmilan vor Windenergieanlage, der Rotmilan ist im Leitfaden Nationales Artenhilfsprogramm des BfN aufgelistet.Foto: Manfred Stöber / stock.adobe.com
Der Rotmilan gehört zu den Arten, die im Leitfaden zum Nationalen Artenhilfsprogramm des BfN aufgelistet sind.
Mit dem Nationalen Artenhilfsprogramm will der Bund die Artenhilfsprogramme der Länder flankieren. Es soll die Populationen von Arten sichern, die vom Ausbau der erneuerbaren Energien betroffen sind.

Der Bund hat ein Nationales Artenhilfsprogramm (nAHP) aufgelegt. Es hat zum Ziel, die Erhaltungszustände sowie die Qualität und Vernetzung der Lebensräume von verschiedenen Arten langfristig zu verbessern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Schutz von Arten und ihren Lebensräumen, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien betroffen sind.

Am 15. August 2024 hat das Bundesumweltministerium (BMUV) die erste Förderrichtlinie für Projekte im Rahmen des nAHP veröffentlicht. Sie wird durch einen Leitfaden und Mustervorlagen für Förderanträge des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) ergänzt. Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) hat die wesentlichen Regelungen und Rahmenbedingungen für die Förderung von nAHP-Projekten zusammengestellt und erläutert die Bedeutung der Richtlinie und der ergänzenden Arbeitshilfen für die naturverträgliche Energiewende.

Nationales Artenhilfsprogramm rückt den Populationsschutz in den Fokus:

  • Die Förderung von Artenhilfsmaßnahmen bekommt eine finanzielle Basis.
  • Das nAHP ergänzt etablierte Programme der Länder für den Erhalt einzelner Arten.

Nationales Artenhilfsprogramm im Detail

Ziel und Gegenstand der Förderrichtlinie

Ziel ist es, einen dauerhaften Schutz insbesondere der vom Ausbau der erneuerbaren Energien betroffenen Arten, einschließlich deren Lebensstätten, zu erreichen und ihre Erhaltungszustände zu verbessern. Gegenstand sind insbesondere Maßnahmen, die langfristig und nachhaltig die Qualität und die Vernetzung der Lebensräume der Arten sowie deren Erhaltungszustand verbessern. Gleichzeitig soll damit ein wesentlicher Beitrag zu den EU-Biodiversitätszielen 2030 sowie zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie (NBS) geleistet werden.

Förderfähige Projekte und Maßnahmen

Der Bund fördert Projekte zum Schutz von durch den Ausbau der erneuerbaren Energien an Land und auf See betroffenen Arten, und Projekte zum Schutz von bestandsgefährdeten Arten und Arten nationaler Verantwortlichkeit Deutschlands.

Förderfähig sind dem Ziel der Richtlinie dienende flächenbezogene Maßnahmen, direkte Schutz- und Vernetzungsmaßnahmen von Brut- und Lebensstätten, aber auch Maßnahmen zur Verringerung von Gefährdungs- und Todesursachen von betroffenen Arten. Neben der Finanzierung der Maßnahme können jeweils auch Ausgleichszahlungen für entstehende Ertragsverluste oder entgangene Gewinne, die durch Einschränkungen der Nutzung von Flächen oder Anlagen entstehen, als Entschädigung gewährt werden. Mit den Fördermitteln können Projektträger auch Grundstücke langfristig pachten, im Grundbuch sichern oder erwerben. Auch Maßnahmen zur besseren Datenerhebung und Forschung sind in gewissen Grenzen förderfähig. Reine Forschungs- und Entwicklungsvorhaben erhalten keine Förderung.

Der Leitfaden des BfN konkretisiert die möglichen Projekte weiter und enthält darüber hinaus eine detaillierte Auflistung förderfähiger Maßnahmen, darunter auch technische Schutzmaßnahmen. Darüber hinaus sind als Projekttypen auch Machbarkeitsstudien, Modellvorhaben sowie wissenschaftliche Begleitforschungen zu Artenhilfsmaßnahmen förderfähig.

Nicht im Rahmen des nAHP förderfähig sind laut Richtlinie „Maßnahmen, die ganz oder in Teilen der Erfüllung anderer gesetzlicher oder aufgrund eines Gesetzes geltender Verpflichtungen dienen“.

Grundvoraussetzungen für die Förderung von Projekten sind allerdings, dass ein erhebliches Bundesinteresse besteht und, dass das man die beantragten Projekt ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang umsetzen kann. Die jeweils zuständige Stelle des Bundeslandes muss bestätigen, dass eine Förderung des Projektes aus Landesprogrammen nicht in Betracht kommt. Land und beteiligte Gebietskörperschaften müssen zudem ein grundsätzliches Interesse an dem Projekt haben, welches durch den Antragsteller ebenfalls dokumentiert sein muss.

Betroffene und damit förderfähige Arten

Förderfähig sind gemäß Richtlinie Projekte mit Maßnahmen für alle Arten, die vom Ausbau der erneuerbaren Energien an Land und auf See betroffen sind. Im Einzelfall sind jedoch auch Maßnahmen für Arten förderfähig, für die Deutschland eine nationale Verantwortung trägt oder die als bestandsgefährdet gelten.

Der Leitfaden zur Förderrichtlinie enthält eine Liste der Arten, die nach derzeitigem Kenntnisstand durch den Ausbau von Windenergie- und Wasserkraftanlagen sowie den Netzausbau (Freileitungen und Erdkabel) an Land und auf See besonders betroffen sind. Hier können beispielsweise Beeinträchtigungen durch Kollision, Habitatverlust oder -zerschneidung oder auch durch Meideverhalten während der Bauphase sowie durch den Betrieb der Erneuerbare-Energien-Anlage entstehen.

Die Betroffenheit von Arten durch Solaranlagen und Speicher ist laut Leitfaden zum nAHP abhängig vom Standort- und Anlagekonzept. Beeinträchtigungen durch Habitatverlust, Meideverhalten oder Kollisionen seien nicht ausgeschlossen, es bestehe aber noch weiterer Untersuchungsbedarf. Bei vorliegender Betroffenheit durch Solaranlagen, Speicher, aber auch durch Biomasse können auch für diese Maßnahmen gefördert werden. Die Artenliste ist in Bezug hierauf nicht abschließend.

Nationales Artenhilfsprogramm: Vorrangige Gebiete und Maßnahmenflächen

Die Förderung von Maßnahmen durch das nAHP soll vorrangig in Gebieten erfolgen, in denen Schwerpunktvorkommen der Arten liegen, soweit diese auf regionaler und nationaler Ebene in Fachplanungen, Fachkonzepten oder in Arten-Aktionsplänen ausgewiesen sind. Der Leitfaden des BfN konkretisiert, welche Fachplanungen und –konzepte man bei der Konzeption von Projekten berücksichtigen sollte.

Maßnahmenflächen soll man in der Regel durch langfristige Pacht, grundbuchliche Sicherung der Nutzung, Erwerb oder Tausch der Grundstücke sichern. Der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen ist gemäß § 45d Abs. 1 S. 2 BNatSchG nur in begründeten Ausnahmefällen, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung näher bestimmt, möglich. Antragstellende müssen darlegen, dass die dauerhafte Sicherung der Maßnahmenflächen durch langfristige Pachtverträge, grundstücksgleiche Rechte oder Grunderwerb vorrangiges Ziel ist.

In Ausnahmefällen kann ein Umsetzungsvorhaben mit entsprechender Begründung auch in Drittstaaten durchgeführt werden, etwa zum Schutz von Winterquartieren von Zugvögeln.

Ausgeschlossen von der Förderung sind Maßnahmen, durch die Konflikte mit der Windenergienutzung oder mit dem Ausbau der Stromnetzinfrastruktur entstehen können oder zu erwarten sind.

Antragsberechtigung

Antragsberechtigt sind kommunale Gebietskörperschaften wie Landkreise, Gemeinden, Gemeindeverbände und Städte sowie natürliche oder juristische Personen. Auch Personengesellschaften wie Naturschutzorganisationen, private Waldbesitzende und Stiftungen können Projekte einbringen. Für die Einreichung von Projektanträgen im Rahmen des nAHP bestehen gegenwärtig keine Fristen, die Umsetzung des Projektes darf jedoch noch nicht begonnen haben. Anschlussprojekte und Projekte, die bisher aus anderen Mitteln gefördert wurden, sind grundsätzlich förderfähig.

Finanzierung des Nationalen Artenhilfsprogramms

In der Regel ist eine Teilfinanzierung mit mindestens 5 Prozent Eigenbeteiligung vorgesehen, die Projektträger auch in Form von unbaren Eigenmitteln erbringen können. Vollfinanzierungen sind in Ausnahmefällen möglich. Aktuell stehen für die Finanzierung des nAHP jährlich 14 Millionen Euro zur Verfügung, ergänzt durch Einnahmen aus Zahlungen der Betreiber von Windenergieanlagen an Land und auf See sowie aus Netzausbauvorhaben. Die Gesamthöhe der für das nAHP zur Verfügung stehenden Mittel ist derzeit noch nicht abschätzbar.

Evaluation

Der jeweilige Projekterfolg soll anhand projekt- bzw. maßnahmen- und artspezifischer Indikatoren evaluiert werden. Auf den Maßnahmenflächen sollen, wenn nötig, auch durch Kartierung erforderliche Grunddaten erhoben werden, so dass qualitative Vorher-Nachher-Vergleiche möglich sind. Die Entwicklung der Habitate und der Bestände oder der Erhaltungszustand der Arten will der Bund als Indikatoren für eine Evaluierung der Förderrichtlinie nach fünf Jahren heranziehen. Deshalb ist eine Verpflichtung zur Weitergabe der im Zuge von Projekten aus dem nAHP erhobenen Daten an das BfN vorgesehen.

Antrags-, Auswahl- und Entscheidungsverfahren

Die geplanten Projekte müssen grundsätzlich den Förderzielen des nAHP entsprechen, es besteht jedoch kein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung. Projektanträge sind an das Bundesamt für Naturschutz (BfN) zu richten. Das Antragsverfahren ist zweistufig. Auf die Erstellung und Einreichung einer Projektskizze und eines Finanzierungsplans folgt – nach positiver Bewertung und Auswahl zur Förderung durch das BfN – die Einreichung eines Vollantrages. Das BfN stellt neben dem Leitfaden Muster und Vorlagen zur Verfügung.

Auswahl von Projekten

Als Auswahlkriterien benennt die Richtlinie unter anderem, dass das geplante Projekt einen deutlichen Beitrag und Nutzen zum Schutz der betroffenen Arten und ihrer Lebensstätten erwarten lässt, der Antragsteller das Projekt angemessen durchführen kann und er alle nötigen Ressourcen und Kompetenzen nachweisen kann. Die geplanten Maßnahmen müssen dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen, eine ausreichende Akzeptanz im Fördergebiet ist ebenfalls glaubhaft darzustellen.

Der Bundesverband Windenergie hat die Förderrichtlinie Nationales Artenhilfsprogramm als ungeeignet für den Erhalt von Tierarten kritisiert.

Quelle: KNE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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