Energy Sharing: BMWK soll nachbessern

Menschengruppe am Fuß einer Windenergieanlage - Symbolbild für Bürgerenergie und Energy SharingFoto: Jörg Farys, Bündnis Bürgerenergie e.V.
Nach jahrelangem Zögern hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit dem Referentenentwurf zur anstehen­den Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zwar einen konkreten Vor­schlag gemacht, um die ge­mein­schaft­­li­che Nutzung lokalen Ökostroms (Energy Sharing) mög­lich zu machen. Doch Bürgerenergievertreter:innen meinen, dass das BMWK damit viel zu kurz springt.

Zur Vorgeschichte muss man wissen, dass deutsche Bundesregierungen und namentlich das zuständige Wirtschaftsministerium den im EU-Recht formulierten Anspruch von Energiegemeinschaften auf ungehinderte gemeinsame Nutzung der lokal von ihnen erzeugten erneuerbaren Energie jahrelang ignorierten. Schon die Erneuerbare-Energien-Richtlinie von 2018 (RED II) formuliert dieses als Energy Sharing bekannte Recht, und die inzwischen geltende Neuauflage RED III stärkt es weiter.

Doch die Bundesregierungen machten trotz mehrfach verstrichener Stichtage kaum Anstalten, einen für das Energy Sharing notwendigen nationalen gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Immerhin findet sich das Stichwort an einer Stelle im Koalitionsvertrag der Ampel von 2021 und seit dem Frühjahr 2023 auch in der Photovoltaikstrategie des BMWK – wenngleich dort nur als eine Art Prüfauftrag. Dazu hat das BMWK seit dem vergangenen Herbst auch einen sogenannten Stake­holderdialog mit mehreren Sitzungen angeschoben und moderiert. Vor dem Hintergrund der jüngst novellierten europäischen Strommarkt­richt­linie EMD, die in § 15a nochmals nachlegt und nun ziemlich präzise Vorgaben für das „Recht auf ge­meinsame Energienutzung“ macht, präsentiert nun auch das grün geführte Wirtschaftsministerium in seinem Referentenentwurf vom 28. August zur Novelle des Energierechts den neuen Paragrafen 42c im EnWG, der die „gemeinsame Nutzung elektrischer Energie aus Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien“ normieren soll.

Kritik am BMWK-Modell für das Energy Sharing

Für den bloßen Vorgang gibt es denn auch ein pflichtschuldiges Lob von einschlägigen Verbänden wie dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und dem Bündnis Bürgerenergie (BBEn). Das Urteil über den Inhalt des BMWK-Vorschlags fällt jedoch hart aus. Das BBEn schreibt: „Bedauernswert ist allerdings, dass es sich hier um eine Minimalumsetzung des EU-Rechts handelt. Zudem ist das EU-Recht von einem ganz anderen Geist geprägt: Es möchte das Teilen von Energie möglichst vielen Endverbraucher:innen ermöglichen! Im Gegensatz dazu heißt es in der Gesetzesbegründung des Referentenentwurfs, dass nicht davon auszugehen sei, dass Energy Sharing zu einem Massengeschäft werde. Aus der Perspektive der Bürgerenergie ist Energy Sharing jedoch eine große Chance für die Transformation unseres Energiesystems.“

Energy Sharing nur für Amateure?

Das BBEn fürchtet sogar, dass Bürgerenergiegesellschaften, wie etwa lokale Energiegenossenschaften, mit der jetzigen Formulierung des BMWK-Entwurfs ihren Mitgliedern keine Kilowattstunden aus den eigenen Windrädern oder PV-Anlagen anbieten dürften. Denn der Betrieb solcher Anlagen dürfte nach dem Entwurfstext nicht „Haupttätigkeit“ des Anlagenbetreibers sein. Die Formulierung des BMWK klingt zwar ähnlich wie ein Satz der EU-Richtlinie, in der es heißt, „die Teilnahme an der gemeinsamen Energienutzung darf nicht die gewerbliche oder berufliche Haupt­tätig­keit der aktiven Kunden sein, die an der gemeinsamen Energienutzung beteiligt sind“. Jedoch würde der BMWK-Wortlaut Bürgerenergiegesellschaften formal ausschließen, während das EU-Recht mit dem Energy Sharing ja gerade ein „level playing field“ für diese schaffen wolle, so das BBEn.

Weiterhin kritisch sieht das BBEn, wie viel Zeit sich das Ministerium mit der Implementierung des EU-Rechts in Deutschland lassen will. Erst zum 1. Juni 2026 müssten Verteilnetzbetreiber Energy Sharing innerhalb einzelner Bilanzkreise ermöglichen und erst zwei Jahre später auch zwischen benachbarten Bilanzkreisen. Gegenvorschlag des BBEn für die beiden Stichtage: 1.6.2025 und 1.6.2026.

Nähe statt Netzgebiet

Diese Begrenzung anhand der Bilanzkreise ist auch nach Auffassung des Dachverbands BEE ungerecht und wenig zielführend. Schon deshalb, weil Netzgebiete in Deutschland verschieden groß seien, aber auch, weil bei einem in Randbereichen der Netze gelegenen Wind- oder Solarpark unmittelbare Nachbarn nicht am Energy Sharing teilhaben könnten. Seit geraumer Zeit schlagen die Verbände stattdessen einen Radius von 50 Kilometern um die Anlagen als geeignete Bezugsgröße vor.

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH

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