Energiewende-Elektrolyseure im Gigawatt-Maßstab bei Quest One

Männer in Anzug neben Maschinen - Eröffnung Elektrolyseur-Produktion bei Quest One, Grüner Wasserstoff.Foto: Quest One
Quest One - Gigahub Eröffnung - Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags Aydan Özoguz, Bundeskanzler Olaf Scholz, Robin von Plettenberg, Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher, Dr. Uwe Lauber
Die MAN-Tochterfirma Quest One feierte am Montag die Einweihung ihres „Gigahub“ in Hamburg. Sie wollen dort in Serie und im großen Maßstab die flexiblen PEM-Elektrolyseure herstellen, mit denen sich aus volatilem Wind- und Solarstrom grüner Wasserstoff erzeugen lässt.

In Hamburg-Rahlstedt war Bundeskanzler Olaf Scholz schon lange nicht mehr, sagt er. Dabei ist er dort zur Schule gegangen. „Dass man mit Wasserstoff Flugzeuge antreiben kann, haben wir damals aber noch nicht gelernt. Das war höchstens ein Thema für Forscher“, erzählt er in der nagelneuen Fabrikhalle von Quest One. Dort will das Unternehmen, das einen Tag vorher noch H-Tec Systems hieß, im Nordosten von Hamburgs, eine Elektrolyseure im Gigawatt-Maßstab fertigen.

Es ist einer dieser Erfolgsmomente der Energiewende, bei denen alle gern auf der Bühne stehen. Aus Hamburg der erste Bürgermeister Peter Tschentscher und die Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard, aus Berlin neben dem Kanzler der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner aus dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium und Till Mansmann, Beauftragter für Grünen Wasserstoff des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Vom Quest-One-Mutterkonzern MAN Energy Solutions und dessen Mutterfirma Volkswagen sind die Aufsichtsratschefs und mehrere Manager angereist.

Die PEM-Elektrolyse wird groß

Die Firmengeschichte von Quest One ist gleichzeitig eine Geschichte der Skalierung der PEM-Elektrolyseure. PEM steht für Proton Exchange Membrane, eine Elektrolyse-Technologie, bei der die Wasserstoffkerne – also die Protonen – die Membran zwischen Anode und Kathode durchqueren. Die PEM-Elektrolyse läuft bei mäßigem Druck und mittleren Temperaturen. Sie bietet daher einen guten Kompromiss zwischen Effizienz und Flexibilität. Damit ist sie die Technologie der Wahl, wenn es darum geht, Wasserstoff mit Hilfe der unsteten Energiequellen Wind und Sonne zu erzeugen. Doch im Vergleich zur Alkali-Elektrolyse hat sie Jahrzehnte der industriellen Skalierung nachzuholen.

Die H-Tec Wasserstoff-Energie-Systeme, wie Quest One bis Ende September hieß, begann 1997 damit, Mini-PEM-Elektrolyseure herzustellen. Sie waren vor allem gedacht, um Schulkindern das physikalische Prinzip der Elektrolyse nahezubringen. Mit Wasserkraft betriebene alkalische Elektrolyseure erzeugten zu jenem Zeitpunkt schon seit Jahrzehnten in Norwegen und Ägypten zehntausende Kubikmeter Wasserstoff stündlich für die Düngemittelproduktion. Dass Wasserstoff ernsthaft zu einer Speichertechnologie für Solar- und Windstrom werden könnte, glaubte damals aber höchstens eine Handvoll Visionäre.

Seither sind nicht nur die erneuerbaren Energien deutlich günstiger geworden. Auch die PEM-Technologie hat kräftig aufgeholt. Im Jahr 2010 kaufte GP Joule die H-Tec. Die Elektrolyseure wuchsen auf einige hundert Kilowatt, immerhin tauglich für kleine Energiewende-Anwendungen. 2019 stieg MAN Energy Solutions ein und H-Tec brachte den ersten Megawatt-Elektrolyseur auf den Markt. Neun Stacks á 110 kW, jeweils so groß wie eine Bierkiste, mitsamt den zugehörigen Peripheriesystemen anschlussfertig montiert in einem 40-Fuß-Container boten schon eine praktische Lösung für kleine Windparks und einzelne Wasserstofftankstellen.

Gigawatt-Pläne für grünen Wasserstoff

Um Stahlwerke, Düngerhersteller und Raffinerien mit Wasserstoff zu beliefern, reicht das aber noch lange nicht. Allein für Deutschland hat die Bundesregierung ein Ziel von 10 Gigawatt Elektrolyseleistung bis 2030 gesetzt. Das ist die Dimension, in der auch Quest One mitmischen will. Das soll schon der neue Name deutlich machen. Er solle nicht nur aussagen, dass Klimaschutz die wichtigste aller Aufgaben ist, sondern auch, dass das Unternehmen mit grünem Wasserstoff aus seinen Elektrolyseuren ein Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen vermeiden wolle, erklärt CEO Robin von Plettenberg, CEO der Quest One.

Die rund 800 Gäste applaudieren kräftig. Überhaupt wird bei der offiziellen Inbetriebnahme des „Gigahub“ mit Buzzwords und Pathos nicht gegeizt. Über die Leinwand flackern Bilder von ausgedörrten Böden, reißenden Fluten, brennenden Wäldern, gefolgt von einer Sanduhr – und dem quecksilbrig glänzenden, donutförmigen Logo von Quest One. Das Projekt sei „Teil von etwas ganz Großem“, sagt von Plettenberg.

Elektrolyseure mit insgesamt 5 Gigawatt Leistung im Jahr

Bisher bietet die Produktionshalle vor allem Platz für große Pläne. Der Reinraum mit der eigentlichen Fertigung verschwindet am Eröffnungstag fast komplett hinter der riesigen Video-Leinwand. Doch Innovationen zeigen sich nicht immer in großen Maschinen. Während man Solar- und Batteriefabriken mit dem nötigen Kleingeld heute schlüsselfertig kaufen kann, hat sich Quest One mit jedem Fertigungsschritt ein Stück technologisches Neuland erobert. Der soll in Rahlstedt automatisiert und zuverlässig laufen.

Dabei hilft das ebenfalls am Gigahub angesiedelte Forschungs- und Entwicklungszentrum. Bis vor Kurzem fügten die Mitarbeiter zum Beispiel die Elektrolysezellen noch in stundenlanger Handarbeit zu Stacks zusammen. Bei diesem Schritt ist absolute Präzision angesagt, denn die winzigen Wasserstoffmoleküle können durch die kleinste Fuge entweichen und so den ganzen Stack unbrauchbar machen. Mittlerweile ist es gelungen, diese Aufgabe an Roboter zu delegieren. Sie erledigen die Arbeit in einem Viertel der Zeit. Weniger als eine Stunde braucht es nun, einen Stack zu produzieren.

Nun, da das automatisierte Handling und damit die Serienfertigung läuft, traut sich Quest One auch, von einer neuen Generation von Megawatt-Stacks zu sprechen. Drei Meter hoch und drei Tonnen schwer sollen sie sein, heißt es. Ende 2026 soll die Halle weitgehend voll sein und die Produktion der Megawatt-Stacks laufen. Dann bewegt sich Quest One in die Richtung, die in der Pressemitteilung angekündigt ist – eine Fertigungskapazität von 5 GW jährlich.

Noch viel zu tun

Damit der Traum vom grünen Wirtschaftswunder wahr wird, muss noch ein bisschen mehr passieren. Auch Wind- und Solarparks müssen gebaut und finanziert werden, ebenso wie Netze und Speicher für den Wasserstoff. Spätestens die Paneldiskussion nach dem feierlichen Knopfdruck zeigt, dass die Anwesenden sich der Herausforderungen sehr bewusst sind. „Die richtige Arbeit geht jetzt erst los“, fasst es Jürgen Klöpffer zusammen, Finanzchef von MAN Energy. Aber zumindest an dem einen Tag wird in Rahlstedt erstmal gefeiert.  

Autorin: Eva Augsten | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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