Jochen Schwill: Wir machen Ernst mit der digitalen Energiewende
Solarserver: Herr Schwill, Hand aufs Herz! Wenn Sie Ihren Unternehmensnamen Spot my Energy erwähnen, wissen Ihre Gesprächspartner, was Sie machen?
Jochen Schwill: Bestimmt nicht. Vielleicht aber in drei oder in fünf Jahren. Dann dürfte wir eine Marktgröße und eine Marktdurchdringung erreicht haben, bei der wir als Marke eingesetzt sind.
Was macht Spot my Energy denn nun?
Wir machen Ernst mit der digitalen Energiewende. Wir setzen auf ein offenes Hard- und Softwaresystem zur Vernetzung, zum Monitoring und zur Steuerung flexibler Assets über Smart Meter − von der Wärmepumpe, über die Solaranlage und den Heimspeicher bis zum Elektroauto. Damit soll die Nutzung erneuerbarer Energien optimiert und die Kosten für die Verbraucher gesenkt werden.
Wie es aussieht, sind die Smart Meter der technologische Türöffner für Ihre Geschäfte. Sind Sie deshalb Fan von Bundeswirtschaftsminister Habeck, der im vergangenen Jahr den Neustart des Smart-Meter-Rollouts auf den Weg gebracht hat? hat?
Nicht nur wegen dieses Gesetzes habe ich durchaus Sympathien für die Initiativen von Robert Habeck. Denn seit Amtsantritt der Ampelregierung habe ich durchaus das Gefühl, dass sich beim Umbau der Energieversorgung hierzulande endlich was tut. Viel zu lange ist beispielsweise nur über das Ob eines Kohleausstieges geredet worden. Seit geraumer Zeit werden auch Fakten geschaffen. Dazu zählt beispielsweise eben auch der ab 2025 geplante flächendeckende Rollout der Smart Meter. Was überfällig ist und uns auf jeden Fall das Geschäft erleichtert. Der Status quo bei der Anwendung dieser wichtigen Technologie ist beispiellos schlecht.
Bei der digitalen Vernetzung von dezentralen Erzeugungseinheiten sind Sie mit Spot my Energy nicht allein unterwegs. Ist Ihnen bange beispielsweise vor Unternehmen wie Enpal oder 1Komma5Grad, die auch die Energieflüsse im Haus für ihre Kunden optimieren wollen und medial fleißig trommeln?
Überhaupt nicht. Im vergangenen Jahr sind rund eine Million Solaranlage verbaut worden, auf Enpal und 1Komma5Grad entfielen gut fünf Prozent. Dass beide Unternehmen neben den Solaranlagen weitere Produkte und Services verkaufen wollen, ist Marktwirtschaft. Für uns ist wichtig, dass der Markt riesengroß ist und es sehr, sehr viele Handwerksbetriebe gibt, die offen für andere Lösungen sind.
Wie genau wollen Sie diese Handwerksbetriebe gewinnen und an sich binden?
Das ist jetzt die große Aufgabe für unser Vertriebsteam. In den Anfängen von Next Kraftwerke standen wir vor der Hausforderungen, 7.000 Betreiber von Biogasanlagen von uns als Direktvermarkter zu überzeugen. Jetzt müssen wir an die rund 4.000 Handwerksbetriebe ran, die es bundesweit im Solarsektor gibt. Um uns bekannter zu machen, besuchen wir nicht nur die Intersolar und regionale Messen, sondern nutzen im ersten Schritt auf persönliche Kontakte. So zählt zu unseren ersten zehn Kooperationspartnern, die wir bislang gewinnen konnten, die Firma Wegatech Greenergy aus Köln.
Wie läuft diese Kooperation praktisch ab?
Wegatech baut bei der Installation von Solaranlagen unsere smarten Zähler ein, sodass die Anlagen unmittelbar und ohne Verzögerung durch bürokratische Prozesse loslegen können. Wir übernehmen anschließend die Rolle des Messstellenbetreibers und bieten den Kunden zusätzlich dynamische Stromtarife und eine intelligente Steuerung ihres Stromverbrauchs an. Die Preise für die Nutzung der Smart Meter von Spot my Energy sind vergleichbar mit den Entgelten der eigentlich zuständigen Messstellenbetreiber. Dann der Kooperation können die Solaranlagenbesitzer sofort mit der Stromproduktion beginnen, ohne dass sie wochenlang auf den Netzbetreiber für den Zähleraustausch warten müssen.
Was ist der Mehrwert für den Endkunden, wenn er sich für eine Lösung von Spot my Energy entscheidet?
Er bekommt nicht nur eine volle Kostenkontrolle über seinen Stromverbrauch, sondern kann über Zusatzservices vom gesamten Energiemarkt profitieren und so seine Stromkosten senken. Beispielsweise ist es möglich, dass das eigene E-Auto erst während der Nachtstunden zu weitaus niedrigeren Strompreisen voll aufgetankt wird. Dafür ist allerdings ein Energiemanagementsystem notwendig, das wir auch anbieten. Wichtig für den Endkunden ist einfach, dass wir volle Transparenz seine Energieflüsse bringen und uns gleichzeitig um Smart Meter und intelligente Stromtarife kümmern. Wir betreuen den digitalen Stromkunden, der künftig in immer mehr Haushalten alltäglich ist.
Ist das Energiemanagementsystem, das Sie erwähnten, eine Eigenentwicklung?
Für dieses Energiemanagementsystem arbeiten wir mit Partnern zusammen. Die Algorithmen, die beispielsweise das strommarktbasierte Laden von E-Autos ermöglichen, stammen von uns. Wir arbeiten mit einem erprobten Managementsystem, das wir um einige Services optimiert haben.
Wie viele Leute sind derzeit bei Ihnen beschäftigt? Sie müssten ja über eine nennenswerte IT-Abteilung verfügen.
Das müssten wir in der Tat. Wir sind derzeit 11 Leute inklusive eines viel zu kleinen Tec-Teams. Deshalb arbeiten wir mit externen Entwicklern zusammen, die auch für Next Kraftwerke tätig gewesen sind. Klar, da wir wachsen wollen, werden wir auch neue Mitarbeiter einstellen.
Sie haben Next Kraftwerke von der Pike aus mitgegründet und zu einem der bundesweit erfolgreichsten Direktvermarkter für Grünstrom entwickelt. Von welchen Erfahrungen aus dieser Zeit können Sie nun bei Spot my Energy profitieren?
Spot my Energy ist sicherlich eine Weitererzählung von Next Kraftwerke. Ich bringe aus dieser Zeit nicht nur viel Wissen über den Energiemarkt mit, sondern auch Erfahrungen beispielsweise zum Unternehmensaufbau, bei der Suche nach Investoren oder neuen Mitarbeitern. Das hilft ungemein.
Wenn Sie den Blick nach vorne werfen, wo soll Spot my Energy in drei Jahren stehen?
Es gibt an die 60 Millionen Zählpunkte bundesweit, die alle in den nächsten Jahren digitalisiert werden müssen. Bei diesem Riesenmarkt stellt sich für uns eher die Frage, was können wir schaffen. Ich gehe davon aus, dass wir in drei Jahren etwa 100.000 Smart Meter plus jährlich installieren. Wir sind nicht angetreten, um ein Nischen-Player zu werden!
Interview: Ralf Köpke | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH