VDE: Reserven im Stromnetz für Solar- und Windstrom nutzen
In einer neuen Studie zeigen Expertinnen und Experten der Energietechnischen Gesellschaft im VDE (VDE ETG), wo es im Stromnetz noch große Reserven gibt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Sie geben Empfehlungen, wie durch eine temporäre höhere Auslastung von Betriebsmitteln im Strombestandsnetz Reserven für das Netzengpassmanagement genutzt werden können. Damit ließen sich die Stromnetze schnell an den Ausbau der erneuerbaren Energien anpassen, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Zu den Betriebsmitteln zählen Transformatoren, Freileitungen, Kabel, Schaltgeräte und Schaltanlagen. VDE ETG schätzt die zusätzliche Belastbarkeit je nach Betriebsmittel auf bis zu 60 Prozent.
Der Netzausbau der letzten Jahre konnte nicht mit den Veränderungen auf der Erzeugungsseite Schritt halten. Immer häufiger gibt es stellenweise mehr Stromangebot als Abnehmer. Die Folge sind Abschaltungen von Photovoltaik und Windenergie. Große PV- und Windparks können nicht ans Netz gehen, da die Netzkapazitäten fehlen. Außerdem kommt es im Netzbetrieb zu Engpässen, bei denen die Netzbetreiber kurzfristig eingreifen müssen.
Trafos und Co besser auslasten
„Die Kosten von Eingriffen in das Netz sind erheblich. Und Erzeugungsanlagen abzuschalten, sollte immer das letzte Mittel sein. Der Ausbau der erneuerbaren Energien darf aber die Stromnetze auch nicht überfordern. Wir schlagen daher vor, das Problem auf technischem Weg anzugehen. Die VDE ETG Task Force liefert hierzu praktisch umsetzbare Ansätze für eine moderne Betriebsführung, ohne die Materialgrenzen unzulässig zu überschreiten. Wir möchten die Betreiber und Planer ermutigen, die neuen Ansätze tatsächlich umzusetzen. Denn mit vergleichsweise einfachen Mitteln könnten Millionen Tonnen Kohlendioxid gespart werden“, fasst der Task Force Leiter Prof. Maik Koch von der Hochschule Magdeburg-Stendal zusammen.
Da die momentane Situation mit Netzengpässen und einer schleppenden Umsetzung des Netzausbaus voraussichtlich noch viele Jahre andauern wird, hat die Task Force Höherauslastung von Betriebsmitteln im Netz der Energiewende genauer untersucht. Ziel war die tatsächliche physikalische Belastbarkeit aufzuzeigen. In der Studie wird dabei klar zwischen einer zulässigen Höherauslastung innerhalb der Materialgrenzen und einer unzulässigen Überlastung mit inakzeptablen Risiken für die Technik unterschieden.
Höhere Belastbarkeit der Stromkabel von 60 Prozent
Die Expertinnen und Experten berechneten bei Kabeln eine höhere Strombelastbarkeit von bis zu 60 Prozent, bei Transformatoren bis zu 50 Prozent. Leiterseile können demnach bis zu 58 Prozent mehr Belastung aushalten, wenn auf witterungsabhängigen Freileitungsbetrieb umgestellt wird. Dabei wird aus Wetterdaten dynamisch die aktuelle Strombelastbarkeit berechnet und an die Leittechnik übergeben. Bei Schaltanlagen wiederum liegt die zusätzliche Belastbarkeit bei 15 Prozent, was durch eine verbesserte Kühlung oder digitale Überwachung mit Sensoren erreicht werden kann.
Für einen flächendeckenden Einsatz von Maßnahmen zur Höherauslastung sind die Möglichkeiten an den konkreten Anlagen zu betrachten, aber noch weitere Fragen zu beantworten. Insbesondere das Zusammenspiel aus technischer Regelsetzung, den tatsächlichen physikalischen Möglichkeiten und rechtlichen Restriktionen aus Haftungsrisiken wäre fachbereichsübergreifend zu bearbeiten. Die erhöhte Auslastung kann sich außerdem auf die Fehlerhäufigkeit und Alterung auswirken. Die Task Force empfiehlt daher, beide Kenngrößen zu überwachen.
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