Uni Kassel vergleicht Kosten für Solarthermie und Photovoltaik
Zahl und Leistung der Photovoltaik-Anlagen in Deutschland und weltweit wachsen rasant. Die Zahl der Solarthermie-Systeme stagniert in Deutschland hingegen, neue Systeme ersetzen nur in etwa diejenigen, die aus Altersgründen außer Betrieb gehen. Ein Grund dafür seien die geringen Kostensenkungen in der Solarthermie, heißt es oft. Während in der Photovoltaik Kosten und Preise rasant sanken, war die Kostensenkung in der Solarthermie geringer. Professor Klaus Vajen von der Universität Kassel widerspricht dem – zumindest in Bezug auf die Lernrate und auf Solarsysteme, die Wärme bei niedrigen Temperaturen liefern.
Vajen hat zwei Fragen untersucht. Zum einen, wie Photovoltaik und Solarthermie im Vergleich abschneiden, wenn es um die Erzeugung von Wärme geht. Und zum anderen, ob die Solarthermie-Branche in Bezug auf die Kosten wirklich langsamer lernt als die Photovoltaik. Die Methodik und Ergebnisse stellte Vajen bei einer Tagung des Solar Heating and Cooling (SHC) Programms der Internationalen Energie Agentur (IEA) in Berlin vor.
Was darf Solarthermie im Vergleich zur Photovoltaik kosten?
Zunächst hat Vajen ausgerechnet, was eine Solarthermie-Anlage kosten darf, um in Bezug auf die Energie-Kosten mit einer Photovoltaik-Anlage konkurrieren zu können. Da beide Technologien kaum Betriebskosten haben, lässt sich anhand der Einstrahlung sowie der Differenz aus Umgebungstemperatur und gewünschter Prozess-Temperatur berechnen, bei welchen Investitionskosten die beiden Technologien auf einem Level liegen.
Das Modell erfordert etwas gedankliche Abstraktion, ist aber gut nachvollziehbar, wenn man es in einzelne Schritte zerlegt. Als Beispiel dient eine Solaranlage in Zürich. Dort liefert die Sonne jährlich 1.250 kWh/m2. Dieser Wert ist für beide Technologien essenziell. Der Ertrag der Solarthermie hängt außerdem davon ab, wie weit Umgebungstemperatur und gewünschte Prozesstemperatur auseinander liegen. Dieser Wert beeinflusst die Wärmeverluste an die Umgebung. Die Anlage soll 75 °C warmes Wasser liefern, die Umgebungstemperatur beträgt im Schnitt 15 °C – die Temperaturdifferenz liegt also bei 60 °C.
Aus einem von der Uni Kassel erstellten Diagramm lässt sich nun ablesen, was eine Solarthermie-Anlagen „kosten darf“, um mit einer Photovoltaik-Anlage gleichauf zu sein. Anhand der Einstrahlung auf der senkrechten Achse und der Temperaturdifferenz auf der waagerechten Achse lässt sich in dem Diagramm ein Kostenverhältnis von 500 ablesen. Der Faktor gilt jeweils für PV-Kosten in Euro pro kW und für Solarthermie-Kosten in Euro pro m2 Kollektorfläche. Nimmt man der Einfachheit halber Kosten für die PV-Anlage von 1 Euro pro Watt an, ist eine Solarthermie-Anlage also bei 500 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zu dieser wettbewerbsfähig in Bezug auf den Wärmepreis.
Vorteil für Solarthermie bei geringeren Prozesstemperaturen
Das Diagramm zeigt auch: Je niedriger die gewünschte Prozesstemperatur und je höher die Umgebungstemperatur ist, umso günstiger wird das Kostenverhältnis für die Solarthermie. Bei gleicher Einstrahlung und 40 °C Temperaturdifferenz (also 55 °C Prozesstemperatur) liegt der Faktor um 600. Bei 1 Euro pro Watt „darf“ eine vergleichbare Solarthermie-Anlage also 600 Euro pro Quadratmeter kosten. Je niedriger die Einstrahlung, desto mehr profitiert hingegen die PV. Bei einer norddeutschen Solarstrahlung um 1.000 kWh pro m2 landet man zum Beispiel bei 60 °C Temperaturdifferenz schon im türkisfarbenen Bereich. Die Solarthermie-Anlage darf also nur noch etwa 450 Euro pro Quadratmeter kosten, wie die Farbskala am rechten Rand des Diagramms verrät. Verkürzt gesagt: In Süditalien ist Solarthermie besser dran, in Norwegen die Photovoltaik.
Allerdings muss man auch einräumen, dass die Technologien oft nicht auf diese Weise nebeneinanderstehen. Will man vor allem Wärme mit niedriger Temperatur erzeugen, würde man die PV-Anlage vermutlich mit einer Wärmepumpe koppeln. Dann muss man nicht nur höhere Investitionen einbeziehen, sondern auch die Stromkosten. Ein solcher Vergleich lässt sich nicht mehr in einem einzelnen Universaldiagramm darstellen.
Hinzu kommt, dass die PV nicht Wärme, sondern Strom liefert. Ersetzt man mit der selbst gewonnenen Solarenergie also eingekauften Strom statt eingekaufter Wärme, hat man mit der PV eine bessere Wirtschaftlichkeit. Wenn man dann mit einem Heizstab aus ansonsten nicht selbst genutztem Strom noch einige Kilowattstunden Wärme erzeugt, ist das eher ein willkommener Nebeneffekt.
Kosten-Lernkurve von Photovoltaik ähnlich wie von Solarthermie
Um zu beschreiben, wie sich eine Technologie in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit entwickelt, gilt die Lernkurve als Maßstab. Beispiel Photovoltaik: Mit jeder Verdopplung der weltweiten Produktionsmenge für PV-Module sind die Kosten um etwa 23 Prozent gesunken. Für ganze PV-System ging es nicht ganz so schnell, die Lernkurve für Photovoltaik-Anlagen bis 100 kW lag aber immerhin bei 21 Prozent. Diese Lernkurve vergleicht Vajen nun mit der Lernkurve von Solarthermie-Systemen. Deren Kosten sanken über die Zeit betrachtet langsamer. 1984 kostete eine Solarthermie-Anlage umgerechnet zwischen 4.500 und 5.000 Euro pro Quadratmeter Kollektorfläche. Im Jahr 2022 waren es noch gut 1.000 Euro.
Stellt man die Preisentwicklung jedoch nicht in Abhängigkeit von der Zeit, sondern von der insgesamt produzierten Menge dar, zeigt sich die Ähnlichkeit der Kurven. Pro Verdopplung der Produktionsmenge sanken die Kosten dann auch für die Solarthermie um etwa 20 Prozent. Allerdings wuchs der Markt für die Solarthermie deutlich langsamer – so kommt der Lerneffekt weniger stark zum Tragen.
Autorin: Eva Augsten | © Solarthemen Media GmbH