Emissions-Zertifikate: sechsmal weniger Minderung als behauptet
Emissions-Zertifikate aus freiwilligen Klimaschutz-Projekten haben häufig eine erheblich niedrigere Klimawirkung als nach außen dargestellt. Das zeigt eine Meta-Studie des Öko-Instituts, die 60 empirische Studien systematisch ausgewertet hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die tatsächlichen Emissionsminderungen aus den ausgewerteten Klimaschutzprojekten im Durchschnitt etwa sechs Mal niedriger sind als angegeben.
Die untersuchten Klimaschutzprojekte machten etwa ein Fünftel aller bisher ausgegeben Kompensationszertifikate auf – das entspricht fast einer Milliarde Tonnen CO2-Emissionen. Alle Projekttypen wie zum Beispiel die Vermeidung von Entwaldung oder die Verwendung von effizienten Kochherden wiesen systematische Qualitätsprobleme auf. Bei einigen Projekten wie einer verbesserten Waldbewirtschaftung sei gar keine Klimaschutzwirkung nachweisbar. Bei Kochherdprojekten, in denen angeblich saubere herkömmliche Herde ersetzen, entsprachen die tatsächlichen Emissionsminderungen bislang lediglich etwa 11 Prozent der ausgegebenen Emissionsgutschriften. Im Falle der Zerstörung des starken Treibhausgases SF6 entsprachen die tatsächlichen Emissionsminderungen nur 16 Prozent der ausgegeben Emissionsgutschriften.
Die Studie zeigt, dass es systematische Probleme bei der Quantifizierung der Emissionsminderungen gibt. Zudem seien manche Projekte nicht auf die Einnahmen aus den Zertifikaten angewiesen, sondern würden ohnehin umgesetzt“, sagt Lambert Schneider, Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik am Öko-Institut und Mitautor der Studie. Es gelt, die methodischen Ansätze und Regeln im Markt für Kompensationszertifikate dringend zu verbessern.
Projektentwickler entscheiden nach Gutdünken
Die Gründe für die Überschätzung der Emissionsminderungen sind vielfältig. „Die Regeln der Kohlenstoffmarktprogramme räumen den Projektentwicklern oft zu viel Flexibilität ein“, so Schneider. Dies könne dazu unrealistische Annahmen führen und der Verwendung ungenauer Daten, „die zu einer Überschätzung der Reduktionen führen“.
Bei Projekten zur Zerstörung der Treibhausgase Trifluormethan (HFKW-23) und Schwefelhexafluorid (SF6) in der Industrie zeigen die Daten, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem die Anlagen Zertifikate für Emissionsminderungen erhalten konnten, mehr Treibhausgase produziert wurden.
Um die Qualität der Zertifikate zu verbessern, seien vor allem die Kohlenstoffmarktprogramme in der Pflicht. Sie sollten ihre Ansätze zur Prüfung von Projekten und der Berechnung von Emissionsminderungen verbessern. Zentral sei dabei, konservativere Annahmen zu treffen und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse als Grundlage zu nehmen.
Verschiedene Initiativen bemühen sich darum, die Integrität von Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten zu verbessern. Das Öko-Institut hat zusammen mit dem Environmental Defense Fund (EDF) und dem World Wildlife Fund (WWF USA) die Carbon Credit Quality Initiative (CCQI) gegründet.
Heterogene Projekte außerhalb des Emissionshandels
Bei den untersuchten Klimaschutzprojekten handelt es sich meist um Vorhaben außerhalb des Emissionshandels, die CO₂-Zertifikate für ein konkretes Klimaschutzprojekt generieren und ausgeben. Laut der Studie müssen sich Klimaschutzprojekte zunächst bei sogenannten Kohlenstoffmarktprogrammen registrieren. Diese legen die Anforderungen an die Klimaschutzprojekte und die Ausgabe der Zertifikate fest. Ob ein Projekt die Anforderungen des Programms erfüllt, unterliegt der Prüfung von unabhängigen Sachverständigen. Nach erfolgreicher Prüfung und Registrierung seien die Emissionsminderungen nach festgelegten Methoden zu messen und berechnen. Für jede eingesparte Tonne CO₂ wird dann ein Zertifikat ausgestellt. Die Zertifikate können in elektronischen Registern gehandelt und an Zwischenhändlerinnen oder Endkundinnen verkauft werden. Mit der Nutzung der Zertifikate werden diese im Register gelöscht. Es gibt eine große Vielzahl von Klimaschutzprojekten, Kohlenstoffmarktprogrammen und Zertifikatsanbietern. Die Eigenschaften der Zertifikate und ihre tatsächliche Klimawirkung können sich beträchtlich unterscheiden.
Quelle: Öko-Institut| www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH