Geothermie-Beschleunigungsgesetz (GeoWG) im Ex-Ampel-Stau
„Es gibt nach wie vor viel zu tun, auch im Bereich der Geothermie“, erklärte der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz bei der 1. Lesung des Geothermiebeschleunigungsgesetzes am 9. Oktober im Bundestag: „Wenn ich auf dieses Gesetz blicke, dann muss ich sagen, dass es beileibe schon schlechtere Gesetze der Ampel gab.“ Was zum einen schon fast wie ein Lob vonseiten der Opposition klang, war jedoch verknüpft mit einer Reihe von Änderungs- und vor allem Erweiterungsforderungen zum Gesetzentwurf, der in der offiziellen Kurzform Geothermie- und Wärmepumpen-Gesetz heißt.
Verfahrensstand beim Geothermie- und Wärmepumpen-Gesetz
Grundsätzlich gibt es allerdings wohl einen parteiübergreifenden Konsens, die Geothermie und speziell die Tiefengeothermie schneller zum Einsatz zu bringen. Zudem fand zum Gesetzentwurf bereits am 4. November eine Anhörung im federführenden Bundestagsausschuss für Energie und Klimaschutz statt. Jetzt würden sich eigentlich die parlamentarischen Beratungen anschließen. Und angesichts der Äußerungen der ehemaligen Ampelkoalitionäre hätte dies wohl ein Gesetz ohne großen Streit unter den drei Parteien werden können. Konrad Stockmeier, Bundestagsabgeordneter der FDP, sagte während der 1. Lesung, seine Partei wolle das Gesetz auch mit Blick auf die kommunalen Wärmeplanungen zügig vorantreiben.
„Gesetz zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern„
Was war oder ist das Ziel des „Gesetzes zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern“ – GeoWG? Es soll bei der Zulassung im Bergrecht Fristen verkürzen, damit die Entscheidungen nicht mehr so lange dauern. Zudem sollen Genehmigungsverfahren online möglich sein und die Anzahl der beteiligten Behörden im Verfahren verringert werden. Geothermie, Wärmepumpen und Wärmespeicher sollen durch das Gesetz bei Genehmigungsentscheidungen außerdem ein stärkeres Gewicht bekommen, da ihnen – wie anderen erneuerbaren Energien – ein überragendes öffentliches Interesse zugesprochen wird. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, erklärt dazu: „Das Potenzial der Geothermie, also der direkten Erdwärme aus tieferen Gesteinsschichten wurde jahrzehntelang in Deutschland vernachlässigt. Jetzt holen wir die Geothermie endlich aus ihrem Schattendasein.“ Denn rund ein Viertel der gesamten Wärme in Deutschland könne grundsätzlich mithilfe tiefengeothermischer Systeme erzeugt werden.
Ergänzend sind Vereinfachungen im Baurecht vorgesehen, damit Geothermievorhaben im Außenbereich einfacher zugelassen werden können.
Geothermie-Beschleunigungsgesetz wird ausgebremst
Doch das Vorhaben GeoWG könnte nun ins Stocken geraten. Es ist sehr fraglich, ob es noch auf die Liste der Gesetzgebungsverfahren kommt, die der Bundestag vor dem Ende der nun verkürzten Legislaturperiode beschließen kann. Zunächst müssen Regierung und Opposition klären, ob und wie sie in der verbleibenden Zeit im Bundestag agieren wollen. Kommt es nicht zum Beschluss des Gesetzes, so greift im Bundestag das Diskontinuitätsprinzip: Alle nicht beschlossenen Gesetzentwürfe sind nichtig. Die Parteien müssen sie erneut in den Bundestag einbringen – natürlich dürfen sie von ihren alten Entwürfen abschreiben.
Geothermiegesetz stockt
„Mit dem Geothermie- und Wärmepumpen-Gesetz waren wir bisher auf einem sehr guten Weg, wie auch die Anhörung gezeigt hat“, erklärte Andreas Mehltretter, der stellvertretende Sprecher der Arbeitsgruppe Klimaschutz und Energie der SPD-Bundestagsfraktion, gegenüber den Solarthemen: „Aktuell ist der Fortgang dieses Verfahrens leider ungewiss. Als Berichterstatter schmerzt mich das natürlich.“ Er habe lange dafür gekämpft, dass dieses Gesetz kommt, und sich gewünscht, „dass das Gesetz zügig verabschiedet werden kann und wir so einen großen Meilenstein für die Geothermie und die Wärmewende in Deutschland erreichen“.
Stockmeier von der FDP sah sich „aufgrund der Gesamtsituation“ nicht in der Lage, auf die Fragen der Solarthemen zu antworten. Wir wollten – vor dem Ende der Ampelkoalition – wissen, welche Änderungen die Fraktionen noch am Gesetzentwurf vornehmen wollten. Von Bündnis 90/Die Grünen gab es auf die Anfrage der Solarthemen keine Reaktion.
Aus Sicht des Unionsabgeordneten Thomas Gebhart hat die Anhörung in der vergangenen Woche gezeigt, „dass das Gesetz auf jeden Fall änderungsbedürftig ist“. Er führt an, zum Beispiel der Schutz des Trinkwassers müsse besser adressiert werden. Zudem gehe die Regierung in ihrem Gesetzentwurf nicht auf Entschädigungen im Schadensfall ein. Gebhart kritisiert außerdem, der Gesetzentwurf beschleunige auch Vorhaben der petrothermalen Geothermie, „deren Auswirkungen auf die Umwelt noch weitgehend unerforscht sind“.
Zeit für das GeoWG ist wohl zu knapp
Sofern die nun rot-grüne Koalition noch am Gesetzgebungsprozess festhalten will und die FDP ihn nicht weiter stützt, müsste sie also, wenn sie die Union einbinden wollte, sich noch auf weitere Kompromisse einlassen. Das scheint jedoch angesichts der knappen Zeit kaum möglich zu sein.
Gebhart verweist auf einen eigenen Antrag zur Geothermie, den die Union schon im September 2023 in den Bundestag eingebracht hatte. Er fand dort keine Zustimmung. Die Ampelkoalition begründete dies teils damit, dass die im Antrag geforderten Maßnahmen bereits auf den Weg gebracht seien.
Das galt etwa für die Absicherung des Fündigkeitsrisikos. Hierzu hatte die KfW im März 2024 ein Konzept vorgelegt, mit dem sie 90 Prozent der Kosten einer Tiefenbohrung bei einem Fehlschag absichern wollte. Offenbar wollte die Koalition diese auch von der Union in ihrem Antrag geforderte Absicherung im kommenden Jahr anbieten.
„Das geplante Instrument zur Absicherung des Fündigkeitsrisikos ist grundsätzlich startklar“, so Mehltretter: „Allerdings sind dafür Haushaltsmittel nötig, die im Haushaltsentwurf 2025 vorgesehen waren.“
Da aber der Haushalt angesichts der fehlenden Regierungsmehrheit nicht mehr zeihnah beschlossen wird, müssen die Geothermiebranche und eine Reihe von Kommunen sowie Wärmegesellschaften sich auf eine längere Wartezeit einstellen.
Kritik am GeoWG bei der Anhörung
In der Anhörung im Bundestag setzten sich die Expertert:innen kritisch mit dem Gesetzentwurf auseinander. Einigen fehlten weitere Vereinfachungen. So nannte der Bundesverband Geothermie eine Duldungspflicht von seismischen Messungen. Andere wie zum Beispiel die Deutsche Umwelthilfe mahnten an, den Schutz etwa des Trinkwassers nicht zu gering zu werten.
Autor: Andreas Witt | © Solarthemen Media GmbH