Habeck hofft trotz Wahlkampf auf EnWG-/EEG-Novelle
Die Gesetzesnovellen, um die es geht, sind noch nicht einmal offiziell im Bundestag angekommen. Immerhin gibt es seit der vergangenen Woche einen zustimmenden Kabinettsbeschluss über den Gesetzentwurf zur Änderung des Energierechts im Umfang von 452 Seiten. Habeck hatte den mehrfach ergänzten Entwurf für dieses Artikelgesetz zur Änderung von EEG, EnWG und weiterer energierechtlicher Regelwerke, dem Kabinett nach dem Bruch der Ampelkoalition vorgelegt. Er will damit die Chance auf dessen zumindest anteilige Verabschiedung im Parlament wahren.
Wenn es nach dem Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) geht, dann müssten sich Regierung und Opposition zusammenraufen und vor dem Ende der Legislaturperiode zumindest noch einzelne Bausteine der geplanten Reformen des Energierrechts beschließen. BDEW-Chefin Kerstin Andreae nannte dafür drei besonders vordringliche Punkte beim Forum Solar Plus:
- die zum 1.1.2025 geplante , aber noch nicht vom Parlament beschlossene Änderung der Gasspeicherumlage,
- die Fortschreibung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG), dessen EU-Notifizierung Ende 2026 ausläuft und
- eine Wirkleistungsbegrenzung für Photovoltaikanlagen, wie sie im Gesetzentwurf zur EEG-Novelle enthalten ist.
Letztere greift nach den Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums bereits für Anlagen oberhalb von 2 Kilowatt Peakleistung. Solange keine Smart Meter installiert sind, die auch diese kleinen Anlagen von Seiten des Netzbetreibers abregelbar machen, sollen sie maximal 50 Prozent ihrer Spitzenleistung einspeisen dürfen.
Habeck will EEG-Vergütungsstopp bei negativem Strompreis
Auch der zuständige Bundesminister Robert Habeck, dessen Haus die umfangreiche Gesetzesnovelle entwickelt hat, will gern zumindest noch einige Aspekte des Reformpakets in der Ausnahmesituation über die parlamentarischen Hürden bringen. Vor Branchenvertretern in Berlin nannte Habeck den geplanten Wegfall von Einspeisevergütungen bei negativen Strompreisen, der künftig für alle Anlagen greifen soll: „Nicht mehr jede produzierte und verkaufte Kilowattschunde ist gleich gut”, sagte Habeck mit Blick auf schwankende Börsernstrompreise und Netzbelastungen. „Unser Vorschlag ist, dass die wegfallende Vergütung hinten drauf gelegt werden.” Sprich: Die Vergütungsdauer von 20 Jahren soll sich um die Anzahl von Viertelstunden verlängern, in denen die Betreiberin oder der Betreiber keine Vergütung erhalten hat. Dies gilt bislang nur für PV-Anlagen ab 400 kW und bei länger anhaltenden Minus-Preisen an der Strombörse. Nach einer Übergangszeit sollen allerdings Neuanlagen, die größer sind als eine Steckersolaranlage, bei negativen Strompreisen kein Geld mehr bekommen.
Energierechtsnovelle mit der Opposition?
Dieses und viele andere Details der geplanten Energierechtsänderungen seien eigentlich politisch zwischen den demokratischen Parteien im Bundestag nicht umstritten, erklärte Habeck: Er hoffe, „dass die demokratische Opposition uns zuhört, was wir für wichtig halten”. Ernsthafte Verhandlungen darüber könnten aber wohl erst Mitte Dezember – also nach der angekündigten Vertrauensfrage des Bundeskanzlers – beginnen. „Ob es gelingen wird, in der aufgeheizten Wahlkampfsituation noch voranzukommen, kann ich nicht vorhersagen“, so Habeck: „Wahrscheinlich wäre die realistische Einschätzung: eher nicht. Obwohl ich weiß, dass es sehr unwahrscheinlich ist, werde ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass man in den verbleibenden sechs Wochen zwei bis drei überraschende Dinge hinbekommt.”
Verhandlungen um EU-Notifizierung des Solarpakets
Aktuell verhandelten Mitarbeiter:innen des Ministeriums außerdem „Tag und Nacht” mit der EU-Kommission, um die fehlenden Teile des bereits Mitte Mai im Bundesanzeiger veröffentlichten Solarpakets I endlich notifiziert zu bekommen. Erst nach dem OK aus Brüssel können unter anderem die höheren Vergütungen für Parkplatz-PV, Floating-PV, Agri-PV und mittelgroße Dachanlagen greifen.
Habeck äußerte die Hoffnung, dass dies bis zur Wahl im Februar erledigt sein könnte, obwohl die EU-Kommission nach der Europawahl auch noch nicht wieder ganz handlungsfähig sei. Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings, dass am Gebotstermins für die nächste Ausschreibung der Bundesnetzagentur für PV-Freiflächenanlagen am 1. Dezember, also in dieser Woche, wohl noch die alten Regeln gelten werden. Eigentlich hätte die Bundesnetzagentur bei dieser Ausschreibungsrunde erstmals die neue Vorzugsbehandlung für besondere Solaranlagen anwenden sollen.
Etwas Gutes jedenfalls habe das frühe Ampel-Ende aus seiner Sicht, sagte Enerparc-Mitgründer Stefan Müller in einer Podiums-Diskussion während des Berliner Branchentreffens Forum Solar plus: Dadurch habe die nächste Bundesregierung nun mehr Zeit für eine gründliche Vorbereitung der nächsten großen EEG-Reform. Für die gilt als Stichtag der 31. Dezember 2026, wenn die EU-Notifizierung für das aktuelle EEG ausläuft.
Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH