Fraunhofer und Voltavision entwickeln Kältespeicher für Industrie
Das Fraunhofer IEG und das Unternehmen Voltavision arbeiten an einem Kältespeicher, der Umweltkälte aus dem Winter zur Kühlung im Sommer bereitstellen will. Wie das Fraunhofer IEG mitteilte, verbrauchen Kühlanlagen fast 15 Prozent des Stroms in Deutschland.
»Wir konzipieren einen Erdsonden-Kältespeicher und betreiben ihn so dynamisch, dass er Wärmeenergie in einem weiten Leistungsbereich und in bedarfsgerechten Geschwindigkeiten aufnehmen kann«, erklärt Projektleiter Roman Ignacy vom Fraunhofer IEG. »Die smarte Steuerung und das flexible Anlagendesign sind wohl weltweit einmalig.«
Der Industriepartner im Projekt ist Voltavision und betreibt energieeffiziente Prüflabore, entwickelt Prüfstands-Equipment und testet Batteriezellen und -Module sowie Hochvoltbatterien etwa für die Automobilindustrie an seinem Standort in Bochum. „Neben der Nutzung von Photovoltaikenergie sowie den Betrieb des ersten Batterie-Prüflabors mit klimaneutraler Kältetechnik auf Basis natürlicher Kältemittel nutzen wir Abwärme zur Heizung der Gebäude.“ Das sagt Lore Mall, verantwortliche Projektleitung bei Voltavision. »Wenn die Außentemperatur niedrig ist, wird schon jetzt das Kühlwasser der Anlagen über die Umgebungskälte in der Luft gekühlt. Diese Freikühlung ist an sehr warmen Tagen nicht möglich, so dass stromintensive Kompressionskälte zum Einsatz kommen muss. Um den Freikühlanteil auf bis zu 100 Prozent zu erhöhen, entstand die Idee, im Boden gespeicherte Kälte aus dem Winter im Sommer zu nutzen.«
Kostentreiber Spitzenlastkühlung
Im Prüfbetrieb können kurzzeitig auch hohe Wärmelasten an den Prüfanlagen auftreten. Diese Prozesswärme bei rund 20 °C zu kühlen, benötigt einen großen Teil der Energieaufwendungen des Unternehmens. Sie gehe dabei über einen Kühlwasserkreis, Kältemaschinen und Rückkühler auf dem Dach an die umgebende Luft. Dies hat im allgemeinen Nachteile. Die Anlage selbst ist mit hohen Investitionskosten bei der Anschaffung sowie der laufende Betrieb mit einem hohen Stromverbrauch durch die Kompressionskühlung verbunden.
Nach der Analyse der Kühlbedarfe von Voltavision war klar, dass die entscheidende Stellschraube nicht der aufsummierte Jahreskühlbedarf ist. Kostentreiber beim Kühlen sind die Spitzenlastzeiten im Sommer, in denen die Außenlufttemperatur über der Rücklauftemperatur des Kühlmittels liegt, da dann die Kompressionskältemaschinen laufen müssen. Für diese Zeit braucht es ein flexibles Kältereservoire im Untergrund, welches Kälteerzeugung und -verbrauch räumlich und zeitlich entkoppelt. So lassen sich Kühlanlagen stets beim idealen Wirkungsgrad betreiben, kleiner dimensionieren und ggf. auch negative Strompreise nutzen.
Umweltkälte für die Industrie
Das Projekt MissEllyDEMO nutzt erstmals ein Feld an Erdwärmesonden als Speicher für eine Industrieanwendung mit permanentem Prozesskältebedarf Die 30 bis 40 Sonden werden im Abstand von 5 bis 10 Metern bis zu 100 Meter tief verlegt. Eine Sole läuft als Betriebsmittel in den geschlossenen Rohrschleifen und gibt die abzuführende Prozesswärme an den Untergrund ab.
In den nächsten vier Jahren wollen die Beteiligten einen Demonstrator bauen, in den sicheren Betrieb überführen und weiter optimieren. Der Prototyp soll die Dynamik von kostenfreier, regenerativer, aber volatiler Umweltkälte sinnvoll in einen realen ökonomischen Prozess integrieren. »Mit unserem Erdsondenspeicher schaffen wir ein Kälteversorgungssystem für die Industrie, welches die hohen Anforderungen an Versorgungssicherheit und Flexibilität durch den Einsatz eines saisonalen Kältespeichers, die Einbringung von Umweltkälte und die Betriebsoptimierung von Kälteanlagen im Gesamtsystem erfüllt«, ergänzt Anja Hanßke, Leiterin des Competence Center Wärmenetze 4.0 am Fraunhofer IEG, welches das Projekt durchführt. »Durch die innovative Verschaltung der Erdsonden entsteht ein dynamisch auf thermische Lasten regelbares System mit einer maximale Leistungs- sowie Energiespeicherungsfähigkeit. Hierin liegt ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal und gleichzeitig die Innovation des Speicherkonzepts.«
Quelle: Fraunhofer IEG | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH