Bürgerenergie: Neue Regierung muss Energy Sharing schaffen

Portraitfoto von Martin Bialluch, Vorstandssprecher des Bündnis BürgerenergieFoto: Silke Reents
Martin Bialluch ist Vorstandssprecher des Bündnis Bürgerenergie
Vertreter der Bürgerenergie haben ihr "Wahlprogramm" vorgestellt. Ein Fokus liegt auf dem Energy Sharing.

Nach Ansicht verschiedener Akteure der Bürgerenergie zählt das Energy Sharing zu einem zentralen Punkt, den die neue Bundesregierung voranbringen muss. Das erklärten Bündnis Bürgerenergie e.V. (BBEn), der Ökostromanbieter naturstrom AG und die Bürgerenergiegenossenschaft WirMachenEnergie eG bei der Vorlage eines Bürgerenergie-Wahlprogramms zur Bundestagswahl. 

„Wir wollen auch im Wahlkampf gemeinsam mit unseren Mitgliedern dafür sorgen, dass die Stimme der Bürgerenergie gehört wird und haben deshalb die wichtigsten politischen Forderungen der Bürgerenergie, die die nächste Bundesregierung in der kommenden Legislaturperiode unbedingt anpacken muss, in diesem Bürgerenergie-Wahlprogramm gebündelt,“ erklärt Martin Bialluch, Vorstandssprecher des Bündnisses Bürgerenergie e.V. (BBEn).

Ein Finanzierungsrahmen für Erneuerbare Energien und die Beteiligung der Bürgerenergie an der Wärmewende gehörten dabei aktuell zu den wichtigsten Zielen in der anstehenden Wahlperiode.

Finanzrahmen für erneuerbare Energien ab 2027

Entsprechend lautet die erste Forderung des Wahlprogramms “Mehr Bürgerenergie im Strommarkt der Zukunft”. Hintergrund ist, dass die künftige Bundesregierung die Weichen für eine EU-konforme Ausgestaltung des Finanzierungsrahmens für Erneuerbare Energien ab 2027 stellen muss. „Bürgerenergie braucht verlässliche Finanzierungsbedingungen. Die kommende Bundesregierung muss sich daher klar zum EEG als fundamentalem und auch mittelfristig wichtigem Absicherungsinstrument bekennen“, fordert Tim Loppe, Pressesprecher der naturstrom AG.

Auch die zurzeit in der “kleinen EnWG-Novelle“ diskutierte Absenkung der Direktvermarktungsschwelle und der Wegfall der Absicherung bei negativen Strompreisen birgt bereits für kleine und mittlere Akteure die Gefahr, aus dem Markt gedrängt zu werden

Welche Auswirkungen die Absenkung der Direktvermarktungsschwelle und der Wegfall der Absicherung bei negativen Strompreisen gerade für kleinere Energiegemeinschaften hat, schildert Kristina Wittig, Vorsitzende WirMachenEnergie eG – Plattform für Bürgerenergie in Mittelsachsen: „Stabil können wir nur dann wirtschaften, wenn der Betrieb der Anlagen abgesichert ist. Das heißt: Der Umgang mit negativen Strompreisen muss überdacht werden. Eine niedrige Direktvermarktungsschwelle kann nur funktionieren, wenn die technisch-regulatorische Umsetzung standardisiert ist. Das ist derzeit nicht der Fall. Beide Punkte hemmen Planungen daher schon jetzt.  Das möchte ich beispielhaft an einem unserer Projekte aufzeigen: Bei einer PV-Anlage auf einem kommunalen Dach haben wir uns dafür entschieden, erstmal unter der 100 kWp-Marke zu bleiben, um den Direktvermarktungsaufwand zu sparen und das Projekt wirtschaftlich zu halten. Wenn nun noch Direktvermarktungsgebühren on top kämen und die Unsicherheit in Bezug auf den Umgang mit negativen Strompreisen, werden die wirtschaftlichen Risiken einfach zu hoch. “

Die Bürgerenergie verkenne dabei nicht die Risiken, die für System- und Netzstabilität angesichts fehlender Steuerbarkeit kleiner PV-Anlagen bestehen. Hier könne Bürgerenergie aber explizit über das Energy Sharing Abhilfe schaffen. Denn: Strom, lokal produziert und auch genutzt, vermindere den Netzausbaubedarf vor Ort.

Bund soll Bürgschaft für Wärmeprojekte einführen

Für den Ausbau der Wärmenetze sind massive Investitionen notwendig. Gerade kleinere und mittlere Akteure haben immer mehr mit der Akquisition von Fremdkapital zur Realisierung neuer Wärmeprojekte zu kämpfen. Erschwerend komme hinzu, dass die Netzinfrastruktur von den Banken oft nicht als Sicherheit anerkannt wird. Der Gesetzgeber sollte hier über die Einrichtung eines bundesweiten Bürgschaftsprogrammes unterstützend aktiv werden. Darüber hinaus sollte die Bürgerenergie mit ihrer lokalen Expertise bei der kommunalen Wärmeplanung ein zentraler Akteur sein.

Die sechs Forderungen des Bürgerenergie-Wahlprogramms in der Übersicht:

  • Planungssicherheit für kleine und mittlere Akteure im neuen Strommarktdesign,
  • Abschaffung der Sperrfrist bei den Ausnahmen von den Ausschreibungen,
  • Umsetzung von Energy Sharing, Mieterstrom und Gemeinschaftlicher Gebäudeversorgung,
  • Aufnahme eines Bürgerenergieziels in den Koalitionsvertrag,
  • bundesweites Bürgschaftsprogramm für Wärmeprojekte
  • Ausweitung des Förderprogramms Bürgerenergiegesellschaften mit Mitteln des Klimasozialplans.

Quelle: Bündnis Bürgerenergie | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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