Europäische Hersteller teilen sich den deutschen Windmarkt
Nordex war im vergangenen Jahr hierzulande der erfolgreichste Windenergieanlagenhersteller. Für den norddeutschen Hersteller ermittelte die Fachagentur Wind und Solar nach Auswertung des Marktstammdatenregisters einen Anteil von 32 Prozent am deutschen Windmarkt. Auf den Plätzen 2 und 3 landeten Enercon mit 30 und Vestas mit knapp 28 Prozent Marktanteil. Auf dieses Trio allein entfielen rund neun Zehntel (89,9 Prozent) der neu installierten Windenergieleistung im Jahr 2024.
Nordex war 2024 der Primus
Nordex ist nach 2022 überhaupt erst zum zweiten Mal Klassenprimus auf dem deutschen Windmarkt. Im zurückliegenden Jahrzehnt hatte auch Vestas dreimal die Pole Position inne, und zwar in den Jahren 2019, 2020 und 2023. Die wechselnde „Tabellenführung“ zeigt, dass die jahrzehntelange Dominanz von Enercon auf dem deutschen Windmarkt der Vergangenheit angehört.
Aus den jüngsten Fachagentur-Zahlen lassen sich folgende Schlüsse ziehen: Der heimische Windmarkt ist mittlerweile hochkonzentriert, es gibt heute nur noch gut ein halbes Dutzend Hersteller von Anlagen. Dabei spielen selbst bekannte Unternehmen wie GE Wind Energy (Marktanteil 6 Prozent) oder Siemens Gamesa (Marktanteil 2,6 Prozent) lediglich eine Statistenrolle. Von einer Statistenrolle bei ganz kleinen Herstellern wie eno energy (Marktanteil 0,8 Prozent) und Vensys (Marktanteil 0,2 Prozent) zu sprechen, ist nur sehr wohlwollend möglich.
Weniger Hersteller auf dem deutschen Windmarkt aktiv
Nicht nur der Herstellermarkt ist zunehmend geschrumpft, auch die Zahl der realisierten Anlagenmodelle ist übersichtlicher geworden. „Die fünf häufigsten Anlagentypen, die 2024 in Betrieb gegangen sind, kommen auf einen Marktanteil von 65 Prozent“, sagt Jürgen Quentin, der Statistikexperte bei der FA Wind und Solar. Dieses Quintett hat ganz überwiegend eine Generatorleistung von mehr fünf Megawatt. Und so kam es, dass 2024 die durchschnittliche Generatorleistung der Neuanlageninbetriebnahmen erstmals die 5-MW-Schwelle überschritt. Die Zeit kleinerer Windmühlen hierzulande ist abgelaufen, die großen Hersteller haben Maschinen unter 4 MW Leistung schon nicht mehr im Programm.
Für Windenergiefachmann Quentin gibt es noch eine bemerkenswerte Entwicklung: „Die von vielen Fachleuten geäußerte Befürchtung, dass wir schon bald Windenergieanlagen aus China in Deutschland sehen werden, ist noch nicht eingetroffen. Bis heute wurde noch keine einzige Genehmigung für eine fernöstliche Windturbine registriert.“ Das dürfte sich in einiger Zeit ändern: Wie auf der Hamburger Fachmesse WindEnergy im vergangenen Herbst zu hören war, sollen die ersten Windenergieanlagen made in China 2026 auf deutschem Boden errichtet werden.
Es gibt auch noch kleine Hersteller von Windkraftanlagen
Es ist Quentins Recherchen im Marktstammdatenregister zu verdanken, die zeigen, dass sich auf dem deutschen Windmarkt durchaus noch weitere Hersteller tummeln, die weit unter dem öffentlichen Radar fliegen. Im vergangenen Jahr waren dies vier Unternehmen, die zusammen neun Anlagen mit knapp 15 MW Leistung ans Netz brachten. Zu diesem Quartett, das unter der Rubrik „Sonstige“ subsumiert wird, zählen:
- Die 1986 gegründete Wind Technik Nord GmbH aus dem nordfriesischen Enge-Sande, die drei Anlagen mit jeweils 250 Kilowatt Leistung errichtet hat.
- Die max-wyn GmbH, auf die drei Anlagen mit jeweils 3,4 MW Leistung entfallen. Das Tochterunternehmen des Baukonzerns Max Bögl aus der Oberpfalz hat sozusagen aus der Konkursmasse des 2019 Insolvenz gegangenen Windturbinenherstellers Senvion zehn Anlagen aufgekauft. Sieben dieser Anlagen waren bereits ans Netz gegangen, die letzten drei folgten im vergangenen Jahr.
- Die windwise GmbH aus Münster, die im nordmünsterländischen Lienen ihre neu entwickelte maxcap-Anlage an den Start gebracht hat. Die von dem westfälischen Ingenieurbüro entwickelte „grundlastoptimierte Schwachwindanlage“ bringt es lediglich auf 2,3 MW Leistung und 141 Meter Rotordurchmesser. Windwise ist kein klassischer Hersteller, sondern eine Entwickler-Schmiede, die versucht, neue Konzepte via Lizenzen in den Markt zu bringen.
Prototypen für die Wissenschaft
Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) ist ebenfalls auf dem Windmarkt als Hersteller präsent. Es betreibt auf dem neuen Windtestfeld WINSENT nahe Geislingen an der Steige (Landkreis Göppingen) seit vergangenem Sommer zwei Anlagen „Marke Eigenbau“ mit jeweils 750 kW Leistung. „Das sind rein prototypische Forschungsanlagen, die es in dieser Konfiguration kein zweites Mal geben wird“, betont Projektleiter Andreas Rettenmeier. Was so nicht ganz stimmt: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) plant, eine „Schwesteranlage“ mit 500 kW in seinem im Sommer 2023 eröffneten Forschungswindpark im niedersächsischen Krummendeich nahe der Elbmündung (Landkreis Stade) aufzustellen.
Prognosen zu treffen, wie viele Megawatt jedes Jahr auf dem deutschen Windmarkt hinzukommen, sind so eine Sache. Fachagentur-Experte Quentin weiß um die zahlreichen Unsicherheitsfaktoren. Dennoch legt er sich bereits fest, welcher Windturbinenhersteller ab dem Jahr 2026 die Nase ganz weit vorn haben wird. „Vestas hat für seine beiden Modelle V162 und V172 im vergangenen Jahr so viele Genehmigungen erhalten, dass die Dänen dann weit vor allen anderen Wettbewerbern beim Zubau liegen dürften.“ In der Regel dauert es von der Genehmigung bis zur Inbetriebnahme einer Windenergieanlage gut zwei Jahre. 2026 könnten dann auch erste chinesische Windturbinenhersteller in seiner Statistik auftauchen.
Quelle: Ralf Köpke | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH