Glättung von Solarstrom-Spitzen: Bundestag beschließt Reform des Energiewirtschaftsrechts

Im Bild eine Börsenkurve, die Energiewirtschaftsrechtsreform soll Solarstrom-Spitzen kappen.Foto: BillionPhotos.com / stock.adobe.com
In Zeiten, in denen die Börsenstrompreise negativ sind, gibt es in Zukunft keine EEG-Vergütung mehr.
Wenn an sonnenreichen Tagen die Photovoltaik-Anlagen in Deutschland alle gleichzeitig viel Solarstrom produzieren, kann es zu Netzengpässen kommen. Eine Energierechtsnovelle, die der Bundestag jetzt noch vor der Bundestagswahl beschlossen hat, soll Abhilfe schaffen.

Der Bundestag hat heute eine Novellierung des Energiewirtschaftsrechts verabschiedet. Teil der Reform ist die Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen insbesondere von Solarstrom-Spitzen durch Photovoltaik-Anlagen. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt, dass Union, SPD und Grüne noch vor der Bundestagswahl die Energierechtsnovelle zugestimmt haben. Die Interessenvertretung der Solar- und Speicherwirtschaft informiert, was sich in Zukunft für Betreiber:innen von Solarstromanlagen ändern wird.

Verlagerung der Solarstrom-Spitzen

Betreiber:innen neuer Photovoltaik-Anlagen erhalten zukünftig keine EEG-Vergütung mehr für den Strom, den sie zu Zeiten negativer Börsenstrompreise ins öffentliche Stromnetz einspeisen. In diesen Zeiten der Solarstrom-Spitzen besteht ein Stromüberangebot. Damit dies die Rentabilität von neuen Solarstromanlagen nicht nennenswert beeinträchtigt, greift ein Kompensationsmechanismus: Die Solarstromeinspeisung, für die es zu Zeiten negativer Strompreise keine Vergütung gab, kann man durch eine Verlängerung des 20jährigen Vergütungszeitraums nachholen.

Der finanzielle Nachteil für Betreiber:innen von Solaranlagen hält sich damit in Grenzen. Durch eine intelligente Nutzung und Zwischenspeicherung des selbst erzeugten Solarstroms zu Zeiten negativer Strompreise können sie sogar einen wirtschaftlichen Vorteil generieren. Sie tragen so dazu bei, Stromspitzen und negative Strompreise zu vermeiden und die Energiewende-Kosten zu senken.

Betreiber:innen von bereits bestehenden Solarstromanlagen können auf freiwilliger Basis zu der Neuregelung optieren. Als Anreiz für einen freiwilligen Wechsel erhalten Betreiber von Bestandsanlagen eine Vergütungserhöhung von 0,6 ct/kWh. Für Bestandsanlagen gelten im Wesentlichen die Anforderungen zum jeweiligen Zeitpunkt der Inbetriebnahme.

Installation von intelligenten Messsystemen (iMSys)

Um Solarstrom-Spitzen auch zukünftig gut handhaben zu können, will der Bund den Rollout von intelligenten Messsystemen (iMSys) und Steuerungstechnik deutlich beschleunigen. In Zukunft müssen alle Photovoltaik-Anlagen ab einer Leistung von 7 kW steuerbar sein. Ausgenommen von der Steuerungspflicht sind sogenannte „Nulleinspeise-Anlagen”, die keinen Strom ins Netz einspeisen sowie Steckersolargeräte für die keine Ausstattungspflicht besteht.

Die maximal zulässigen, jährlich zu zahlenden Entgelte für intelligente Messsysteme und Steuerungstechnik steigen. Allerdings können Anlagenbetreiber damit auch an vielfältigen Abrechnungs- und Tarifprodukten der neuen Energiewelt teilnehmen, wie beispielsweise dynamischen Stromtarifen. Zudem profitieren Betreiber:innen von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie etwa PV-Speichern von reduzierten Netzentgelten.

Reduzierung der maximalen Einspeiseleistung von Photovoltaik-Anlagen

Die Einspeiseleistung – nicht gleichzusetzen mit der Einspeisemenge – von neuen Photovoltaik-Anlagen wird auf 60 Prozent beschränkt, solange diese nicht mit einem intelligenten Messystem ausgestattet sind. Da inzwischen nahezu alle neu installierten Solaranlagen mit einem intelligent betriebenen Speicher kombiniert sind, dürften Betreiber:innen dadurch in der Regel keine nennenswerten Nachteile entstehen. Solare Erzeugungsspitzen werden so nicht ins Stromnetz eingespeist, sondern entweder direkt vor Ort verbraucht, mit Hilfe von Speichern zeitversetzt vor Ort verbraucht oder zeitversetzt ins Netz eingespeist, wenn weniger Sonne scheint.

Nur in den seltenen Fällen, bei denen neue Solarstromanlagen über keinen Speicher verfügen und den gesamten Strom ins öffentliche Netz einspeisen müssen, führt die beschlossene Kappung der Einspeiseleistung auf 60 Prozent zu Abregelungs- und damit Rentabilitätsverlusten im unteren einstelligen Prozentbereich. In Lagen bester Sonneneinstrahlung belaufen sie sich in diesem Fall schlimmstenfalls auf ein Prozent bei Ost-West-Ausrichtung und auf maximal neun Prozent bei Südausrichtung einer Solaranlage. An weniger sonnenreichen Standorten fallen die Verluste geringer aus. Mit dem Einsatz von Batteriespeichern und einem zeitlich gesteuerten Eigenverbrauch lassen sich diese durch eine Abregelung erzeugten Verluste jedoch weitgehend vermeiden. Das ergab eine Simulation der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Die Reduzierung der Einspeiseleistung auf 60 Prozent gilt für alle Photovoltaik-Systeme mit einer Leistung unter 100 Kilowatt, die nicht in der Direktvermarktung sind. Balkonkraftwerke fallen nicht unter die Regelung.

Flexiblere Fahrweise von Speichern

Mehr als 80 Prozent der neuen Photovoltaik-Anlagen auf Eigenheimen werden in Kombination mit einem Batteriespeicher installiert. Diese PV-Speicher darf man künftig auch zum Zwischenspeichern von Netzstrom nutzen und damit netz- und systemdienlicher betreiben. Möglich machen das eine Pauschaloption für PV-Heimspeicher und die Abgrenzungsoption für größere Speicher. Beide Optionen dienen dazu, förderfähige Solarstrommengen im Speicher von nicht förderfähigem Graustrom aus dem Netz abzugrenzen. Das ermöglicht eine flexible Nutzung der Speicher nicht nur für den Eigenverbrauch, sondern auch für den Stromhandel und Systemdienstleistungen. Voraussetzung für die praktische Anwendung ist eine noch zu formulierende Festlegung der Bundesnetzagentur und die PV-Anlagen muss man in der Direktvermarktung betreiben.

Der Bundestag hat auch dem Biomassepaket der Bundesregierung zugestimmt und das KWKG-Gesetz verlängert.

Weitere Informationen zur Novellierung des Energiewirtschaftsrechts finden Sie unter Solarthemen.

Quelle: BSW-Solar | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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