Arne Weinig: Batterie-Hype – wir sind gut aufgestellt

Portraitfoto von Arne Weinig, Tauber-SolarFoto: Tauber-Solar
Arne Wenig
Arne Weinig ist als Finanzexperte einer der vier geschäftsführenden Gesellschafter der Tauber-Solar-Gruppe. Mit der im Herbst neu gegründeten Tochterfirma Tauber Energy GmbH plant und baut Tauber-Solar Solarparks und große Stromspeicher. Im Solarthemen-Interview spricht Weinig über den aktuellen Speicherboom und Business Cases für große Batterie-Speicher.

Arne Weinig: Ja, es ist ein Hype entstanden – man liest sogar von einem Speichertsunami. Wenn es dazu käme, wäre das nicht gesund. Aber es kann wahrscheinlich nur ein Bruchteil der Projekte wirklich realisiert werden. Wir bei Tauber-Solar bleiben da entspannt.

Es sind viele Variablen, die bestimmen, ob ein Speicher sich rechnet oder nicht. So wie der Markt in Deutschland momentan gestaltet ist, lebt ein Speicher hauptsächlich davon, dass die Strompreise stark schwanken. Da spielt der Ausbau der Erneuerbaren hinein und das Thema Netzausbau. Auf der anderen Seite ist es ein Verbrauchsthema:

Weinig: Durch den starken Ausbau der Erneuerbaren rechnen sich Speicherprojekte zumindest auf mittlere Sicht sehr gut ohne Förderung. Weil mehr Schwankungen im Markt stattfinden, sind viele Entwicklungen angeschoben worden.

Preisschwankungen als Geschäftsmodell für große Batterien

Weinig: Sie haben recht: Wenn mehr Speicherzubau da ist und mehr intelligente Steuerung, dann werden die Preisschwankungen abnehmen und das Erlöspotenzial wird sinken. Wird dann kein Bedarf mehr für Speicher sein? – Nein. Aber der Bedarf wird sich ändern. Das sieht man heute schon in Großbritannien, wo bereits ein großer Speicherausbau stattgefunden hat, sodass sich dann die Preissituation verändert hat. Aber selbst in UK werden weiterhin Speicher gebaut – wenngleich nicht mehr mit so hohen Profiten. Die Fragestellung für den Investor ist zurzeit: Wie schnell komme ich in den Markt rein?

Wir glauben an Stand-Alone-Speicher. Das ist momentan das, was sich am besten rechnet; aber es wird nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Auf Dauer stehen wir nicht auf einem Bein. Neben Stand-Alone-Batterien wollen wir die Speicher in Verbindung mit Solar- und Windparks betreiben. Stichwort: Co-Location.

Weinig: Da ist ein riesiger Kapitalbedarf. Insofern sind, und das finden wir natürlich schade, tendenziell die größeren Player bevorzugt. Die Private-Equity- Fonds und Infrastrukturfonds, die bestehende Wind- und Solarportfolios haben, sind ja schon aktiv. Die haben sich in den letzten ein bis zwei Jahren entschieden, Speicher in ihre Projekte und Portfolios zu integrieren. Auch weil man unabhängig von der EEG- Förderung werden muss. Wenn Strom künftig in den solarstarken Zeiten kaum noch oder gar negativ vergütet wird und bilaterale Verträge wie PPA auch nicht mehr so lange Laufzeiten bieten werden, wie man sie eigentlich für die Projektierung braucht, dann ist ein Speicher eine sinnvolle Ergänzung. Das System und auch seine Steuerung werden aber komplexer als bei einer reinen PV-Anlage und das wird sicherlich die größeren Player bevorzugen. Die Eintrittsbarrieren werden höher.

Bürger-Batterie-Parks?

Weinig: Ausschließen würde ich nichts. Aufgrund des Preisrisikos, das aktuell auf den Speichern liegt, glaube ich aber tendenziell nicht daran, auch weil es da einen sehr hohen Erklärungsbedarf gäbe. In der Verbindung mit einem Solarpark, wo das Risiko sich relativiert, würde ich es aber durchaus als sinnvoll ansehen. Einen großen Freiland-Solarpark würde ich heute kaum noch ohne Speicher planen, weil das Lastprofil mit Batterie besser an den Markt angeglichen werden kann. Aber man kann auch bei Stand-Alone-Speichern etwas Risiko rausnehmen, zum Beispiel mit Tolling Agreements, wo man feste Erlöse bekommt. Das halten wir im Moment aber noch nicht für so attraktiv. Sollte sich das besser etablieren, auch für lange Laufzeiten, dann kann es durchaus sein, dass Bürger-speicherparks entstehen.

Weinig: Man stellt den Speicher gegen Nut­zungs­gebühr zur Verfügung. Es ist wie eine Miete oder eine Pacht für die Speicherkapazitäten. Der Gegenüber kann beispielsweise ein Solarparkbetreiber sein, ein Versorger, ein Netzbetreiber oder ein Stromhändler. Solche Agreements gibt es schon; sie sind aber bislang wenig standardisiert.
Kritiker sagen, dass der vom Strommarkt getriebene Speicherausbau nicht unbedingt netzdienlich vor sich geht.

Weinig: Die Kritik ist teilweise berechtigt. Aber dass diese Speicher überhaupt nicht netzdienlich sind, glaube ich nicht. Es gibt auch Studien dazu. Je mehr Speicher da sind, desto mehr werden die Preis- und Netzschwankungen ausgeglichen. Aber Speicher sind nicht per se netzdienlich, weil die Struktur des deutschen Netzes und die Regulierung im Moment nicht darauf abzielen. Mittlerweile gibt es Bestrebungen, dass Netzbetreiber an bestimmten Punkten Speicher für rein netzdienliche Zwecke ausschreiben. Das ist wahrscheinlich der richtige Weg.
Im Moment ist es ja ganz einfach. Wer Lust hat und ein Grundstück, vielleicht eine Bauvoranfrage, geht zum Netzbetreiber und stellt eine Netzanfrage. So kommen diese riesigen Gigawatt-Zahlen zustande. In anderen Ländern, zum Beispiel Spanien, müssen Projektierer Sicherheiten hinterlegen – 40.000 Euro pro MW zum Beispiel.

Welche Batterie-Kapazitäten?

Weinig: Die Studien legen, je nachdem wen man fragt, einen Bedarf von 20 bis 100 Gigawatt nahe. Ich kann nicht in eine Glaskugel sehen, aber ich sehe, es gibt eine riesige Lücke zwischen Erneuerbaren-Kapazitäten im dreistelligen Gigawattbereich, die schon im Netz sind, und den einstelligen Gigawattgrößen, die bislang an Speichern installiert sind. Da gibt es ein Aufholpotenzial. Ich glaube aber nicht, dass diese 300 Gigawatt Batteriespeicher, für die es angeblich schon Netzanfragen gibt, in dieser Form benötigt würden und tatsächlich im Kommen sind.
Anekdotisch kann ich berichten, dass an manchen Netzverknüpfungspunkten jemand anderes eine Anfrage gestellt hat mit Grundstücken, die wir schon gesichert haben. Da kann ja dann nur einer bau­en – entweder wir, die das Grundstück haben, oder der andere, der es eben nicht hat.

Weinig: Wir selbst sind entlang der gesamten Wertschöpfungskette unterwegs – nicht nur in der Entwicklung. Ein reiner Entwickler versucht tatsächlich, seinen Claim abzustecken. Er profitiert nur, wenn er Projektrechte entwickelt hat, die auch den Netzanschluss einschließen. Je mehr er davon hat, desto mehr Geld hat er in der Hand für ein bisschen Papier. Damit ist noch nichts gebaut oder engineered. Für einen reinen Entwickler ist es ein Zahlenspiel: Wenn er zehn Netzanfragen rausgeschickt hat und davon ein Projekt an die Ziellinie kriegt, ist es o.k. für ihn.

Weinig: Das kann man so pauschal nicht sagen. Jeder Netzbetreiber hat ein etwas anderes Prozedere. Es gibt erst mal eine sogenannte Tagesaussage. Das ist noch nichts. Da erfahren Sie nur, ob es grundsätzlich Kapazitäten gibt. Stufe 2 ist eine oft befristete Reservierung, für die weitere Unterlagen eingefordert werden. Am Ende steht ein Netzanschlussvertrag.

Weinig: Im Moment stehen die erst mal vorzugsweise da, wo auch ein Umspannwerk ist, weil da relativ hohe Ströme fließen und dann kurze Wege entscheidend sind. Wenn Speicher in Verbindung mit einem Solarpark oder Windpark oder sogar beidem projektiert werden, dann stehen sie natürlich bei den Parks. In Gewerbegebieten stehen sie nur, wenn da Kapazitäten frei sind. Wir haben auch einige Anfragen in Gewerbegebieten.

Weinig: Ich kann mir vorstellen, dass auch ein Großspeicher kritisch gesehen wird. Für Batteriespeicher muss man bei der Baugenehmigung sehr behutsam vorgehen. Wichtig sind Brandschutz, Abwasser, Umweltschutz und Schallschutz. Gerade Schallschutz ist ein großes Thema. Speicher benötigen im Vergleich zu einem Solarpark gleicher Leistung aber nur 2 Prozent der Fläche. Dadurch fällt ein Kritikpunkt schon mal weg.

Weinig: „Wild West“ ist nicht gut. Es muss einen gesunden Rahmen geben. Hier stimmen wir mit den Vorschlägen vom Bundesverband Energiespeicher überein. Speicher bieten eine sehr günstige Variante, um Flexibilität ins Netz zu bringen. Das ist ökonomisch sinnvoll, aber es ist kein Allheilmittel. Deswegen muss sich die Politik mit einem Rahmen beschäftigen, der Speicher nicht ausbremst, sondern fördert, beispielsweise durch vereinfachte Genehmigungen.

Interview: Guido Bröer | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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