Natürlicher Wasserstoff als nachhaltige Energiequelle in Gebirgen

Skizze der Exhumierung des Erdmantels Skizze eines Gebirges mit hohem Potential für die natürliche Entstehung von Wasserstoff.Grafik: CC BY-NC-SA 3.0 USGS / ESEU edited by Frank Zwaan, GFZ
Skizze der Exhumierung des Erdmantels Skizze eines Gebirges mit hohem Potential für die natürliche Entstehung von Wasserstoff.
Internationales Forschungsteam vom GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung sieht über plattentektonischen Simulationen natürliche Wasserstoffvorkommen in Gebirgszügen.

Nachhaltige Ressourcen für die Energiewende zu erschließen, ist eine zentrale Herausforderung für die Menschheit im 21. Jahrhundert. Wasserstoffgas (H2) könnte die derzeitigen fossilen Brennstoffe ersetzen und gleichzeitig damit verbundene Emissionen von CO2 und anderen Schadstoffen vermeiden. Ein wesentliches Hindernis besteht darin, dass H2 hergestellt werden muss. Die derzeitige synthetische H2-Produktion greift teilweise auf erneuerbare Energien zurück. Wird fossile Energie verwendet, kann die Produktion umweltschädlich sein.

Die Natur als Lieferant für Wasserstoff

Die Lösung könnte in der Natur liegen: Wasserstoff entsteht in verschiedenen geologischen Prozessen auf natürliche Weise. Unklar war bisher, wo nach solchen großflächigen H2-Ansammlungen zu suchen ist.



Unter der Leitung des Wissenschaftlers Dr. Frank Zwaan im Bereich „Geodynamische Modellierung“ am GFZ Helmholtz-Zentrum für Geowissenschaften präsentiert ein Forschungsteam eine Antwort. Dazu nutzten sie eine plattentektonische Modellierung. Gebirgszüge, in denen sich ursprünglich tiefes Mantelgestein nahe der Oberfläche befände, stellten potenzielle natürliche Wasserstoff-Hotspots dar. Solche Gebirgszüge sind möglicherweise ideale geologische Umgebungen für eine großflächige natürliche Wasserstoff-Entstehung. Und für die Bildung von H2-Ansammlungen, die für die Wasserstoff-Produktion erbohrt werden können.



Die Ergebnisse dieser Forschung wurden jetzt in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht. Zum Team gehören auch Prof. Sascha Brune und Dr. Anne Glerum von der Sektion „Geodynamische Modellierung“ des GFZ. Die anderen Teammitglieder arbeiten an der Tufts University (Dr. Dylan Vasey) sowie der New Mexico Tech (Dr. John Naliboff) in den USA. Weitere forschen an der Universität Straßburg (Prof. Gianreto Manatschal) und Lavoisier H2 Geoconsult (Dr. Eric. C. Gaucher) in Frankreich.



Potenzial von natürlichem Wasserstoff

Natürlicher Wasserstoff (H2) kann beispielsweise durch bakterielle Umwandlung von organischem Material entstehen. Auch eine Umwandlung von Wasser infolge des Zerfalls radioaktiver Elemente in der kontinentalen Erdkruste ist möglich. Der vielversprechendste Mechanismus für die natürliche Wasserstofferzeugung in großem Maßstab ist ein geologischer Prozess, bei dem Mantelgestein mit Wasser reagiert. Die Minerale im Mantelgestein ändern ihre Zusammensetzung und bilden neue Minerale der so genannten Serpentingruppe sowie H2-Gas. Dieser Prozess wird als Serpentinisierung bezeichnet. Mantelgesteine befinden sich normalerweise in großer Tiefe, unterhalb der Erdkruste. Damit diese Gesteine mit Wasser in Berührung kommen und serpentinisieren können, müssen sie an die Erdoberfläche gebracht werden. Solche plattentektonischen Umgebungen liegen zum Beispiel im Atlantischen Ozean sowie in den Pyrenäen und Alpen.



Forschung zu Exploration von Wasserstoff in Gebirgen


Die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten Forschung zu Wasserstoff geben einen starken Impuls, in Gebirgsregionen verstärkt nach natürlichem H2 zu suchen. So laufen bereits verschiedene Explorationsbemühungen in den Pyrenäen, den europäischen Alpen und dem Balkan. Dort haben Forschende bereits früher Hinweise auf eine stetige natürliche Wasserstofferzeugung gefunden. 


Frank Zwan als Hauptautor der Studie sagt: „Entscheidend für den Erfolg dieser Bemühungen wird die Entwicklung neuartiger Konzepte und Erkundungsstrategien sein. Von besonderer Bedeutung ist, wie die Bildung wirtschaftlicher natürlicher H2-Ansammlungen durch die tektonische Geschichte eines bestimmten Explorationsgebiets gesteuert wird. Insbesondere müssen wir den zeitlichen Ablauf der wichtigsten beteiligten geologischen Prozesse bestimmen, denn wenn bei Gebirgsbildung H2-Reservoirs entstehen sollen, muss es zuvor ein Rift-Ereignis, ein Dehnen der Erdkruste gegeben haben. Erkenntnisse aus plattentektonischen Simulationen, wie sie in dieser Studie durchgeführt wurden, werden also von großem Wert sein.“


Eine neue Industrie für natürlichen Wasserstoff?

Sascha Brune, Leiter der Sektion „Geodynamische Modellierung“ am GFZ, ergänzt: „Diese neue Forschungsarbeit erweitert unser Verständnis von geeigneten Umgebungen für die natürliche Wasserstofferzeugung. Angesichts der wirtschaftlichen Möglichkeiten, die mit natürlichem H2 verbunden sind, ist es jetzt wichtig, die Migrationswege von Wasserstoff und tiefe, Wasserstoff verbrauchende mikrobielle Ökosysteme zu untersuchen, um besser zu verstehen, wo sich tatsächlich potenzielle H2-Reservoirs bilden können.“ 
Zwaan fügt hinzu: „Insgesamt befinden wir uns möglicherweise an einem Wendepunkt für die Suche von natürlichem H2. Wir könnten die Geburt einer Industrie des natürlichen Wasserstoffs miterleben.“


Die Studie sagt nicht, welche Mengen konkret gewonnen werden können. Aufgrund günstigerer Bedingungen könnte die jährliche Wasserstofferzeugungskapazität in Gebirgen bis zu 20-mal größer sein als in Rifts.

Hinweis: Bereits 2022 wollte eine Gruppe von Universitäten und Forschungseinrichtungen dem Potenzial von natürlich vorkommendem Wasserstoff in Afrika auf den Grund gehen.

Quelle: GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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