EU: Clean Industrial Deal soll auch Erneuerbare voranbringen

Hauptgebäude der EU-Kommission in BrüsselFoto: Guido Bröer
In der Brüsseler EU-Kommission ist der Plan für den Clean Industrial Deal entstanden.
Heute hat die EU-Kommission ihren Fahrplan für den sogenannten "Clean Industrial Deal" vorgestellt. Erklärtes Ziel des angekündigten Gesetzgebungspakets ist es, im Laufe der kommenden Jahre stufenweise Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der europäischen Industrie zu verbessern und deren Dekarbonisierung mit Hilfe günstigeren Stroms aus erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Eine der ersten Maßnahmen ist ein Aktionsplan für billigeren Strom. Auch die Notifizierung von Beihilfen für erneuerbare Energien solle künftig einfacher werden, verspricht die Kommission.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begründete die Initiative des Clean Industrial Deal mit hohen Energiekosten und einem „harten und oft unfairen globalen Wettbewerb„. Vor diesem Hintergrund benötige die Industrie in Europa dringend Unterstützung. Als eine der ersten Maßnahmen des Clean Industrial Deal hat die Kommission deshalb heute einen „Aktionsplan für erschwingliche Energie“ (Action Plan for Affordable Energy) angenommen. Er soll für Industrie, Gewerbe und Haushalte die Energiekosten senken und die Elektrifizierung des Verbrauchs fördern. In einer Task Force will die EU aber auch durch Bündelung ihrer Einkaufsmacht „gut funktionierende Gasmärkte sichern“. Neben solchen Strategien für fossile Energie erwähnt sie auch die Entwicklung von kleinen Atomreaktoren als optionales Handlungsfeld.

Ein weiterer Fokus liegt auf der Förderung von Power Purchase Agreements (PPA) und Contracts for Difference (CfD) für erneuerbare Energien. So hat die Kommission heute zusammen mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) für das zweite Quartal 2025 ein Pilotprogramm für PPA im Umfang von 500 Millionen Euro angekündigt. Das Kommissionspapier klassifiziert dieses PPA-Programm als „technologieoffen“, ohne genauer zu sagen, was sie damit meint.

Ferner soll ein EIB-Bürgschaftsprogramm im Umfang von 1,5 Milliarden Euro künftig europäische Anbieter beim Aufbau von Produktionskapazitäten für Netzkomponenten unterstützen.

Ab 2026 Vorgaben für deutsches EEG?

Konkret angekündigt hat die Kommission auch, den Mitgliedsstaaten im Jahr 2026 konkrete Leitlinien für die künftige Förderung mittels CfD an die Hand geben zu wollen. Dies dürfte auch das deutsche EEG betreffen, dessen EU-Notifizierung Ende 2026 ausläuft. Mit Blick auf diesen Termin wird eine umfassende EEG-Novelle eine der großen energiepolitischen Herausforderungen für die kommende Bundesregierung sein.

Ebenfalls auf sich beziehen dürfen deutsche Politiker:innen die Ermahnung der Kommission, die Genehmigungsverfahren für Netze, Energiespeicher und Erneuerbare-Energie-Anlagen zu straffen. Erst sieben Mitgliedsländer hätten hier bislang ihre Hausaufgaben gemacht, die unter anderem in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) formuliert werden. Zwar ist Deutschland im Zuge von Notfallverordnungen bereits einige Schritte zur Verfahrensbeschleunigung gegangen, aber eine weit gediehene dauerhafte Reform zur Umsetzung der RED III mit unter anderem Änderungen am Baugesetzbuch (Thema: Beschleunigungsgebiete Wind+Solar sowie Solarenergiegebiete in der kommunalen Bauleitplanung) ist hierzulande im Ampel-Crash stecken geblieben. Die Kommission verspricht, die Mitgliedsländer bei der konkreten Umsetzung der Beschleunigungsregeln mehr zu beraten und zu unterstützen. Das darf man wohl auch so lesen: Brüssel will den Druck auf die Mitgliedsländer erhöhen.

Clean Industrial Deal soll Nachfrage für grüne Produkte stärken

Auch auf der Nachfrageseite will die EU-Kommission Weichen Stellen, um grüne Produkte in Europa voran zu bringen. Wesentliches Werkzeug soll dabei der Industrial Decarbonisation Accelerator Act werden, den die Kommission bis Ende 2025 vorlegen will. Mit ihm soll unter anderem ein Label für kohlenstoffarme Produkte eingeführt werden. Und Brüssel will Kriterien für Nachhaltigkeit, Resilienz und europäische Mindestanteile an der Wertschöpfung definieren. Sie sollen künftig bei öffentlichen und privaten Ausschreibungen zum Tragen kommen.

Nach dem kurzfristig geplanten Industrial Decarbonisation Accelerator Act, der sich beispielsweise auf kohlenstoffarmen Stahl, erneuerbare Energien oder nachhaltige Batteriezellen beziehen soll, will die Kommission im Jahr 2026 insgesamt neue Regeln vorstellen, die im öffentlichen und privaten Beschaffungswesen nicht-monetären Kriterien ein höheres Gewicht geben sollen. Angekündigt ist auch ein Richtlinienvorschlag für grüne Fahrzeugflotten.

Neben einem 100-Milliarden-Programm für die Dekarbonisierung der Industrie, das aus dem EU-Innovationsfond und zusätzlichen Einnahmen aus dem Emmissionshandel finanziert werden soll, plant Brüssel noch in diesem Jahr eine Milliarde Euro für ein Pilotprojekt zur Dekarbonisierung der wichtigsten Industrieprozesse locker zu machen. Insgesamt 6 Milliarden will Brüssel 2025 für Batterieherstellung, die Europäische Wasserstoffbank (European Hydrogen Bank, EHB) sowie die industrielle Decarbonisierung zusagen.

Critical Raw Materials Act – ein Teil des Clean Industrial Deal

Noch im März 2025 will die EU-Kommission eine Liste von Projekten im Rahmen des Critical Raw Materials Act annehmen, um für Kapazitäten in der EU zur Gewinnung, Verarbeitung und Wiederverwertung kritischer Rohstoffe einerseits schnelle Genehmigungen, andererseits Subventionen zu ermöglichen. Dazu könnten beispielsweise auch Wertschöpfungsketten mit Bezug zu erneuerbaren Energien gehören, wie etwa die Herstellung von Solarsilizium.

Die Pläne der Kommission für den Clean Industrial Deal stießen bereits im Vorfeld auf ein gemischtes Echo. Neben grundsätzlicher Unterstützung kritisieren Klimaschutzorganisationen wie Germanwatch unklare Aussagen der Kommission zur Finanzierung der Vorhaben. Auch dass der Deal zusammen mit diversen Verordnungen zur Lockerung von Nachweispflichten und Nachhaltigkeitsregularien für die Wirtschaft in Form einer sogenannten „Omnibus-Initiative“ durch die europäischen Instanzen gebracht werden soll, stößt bei Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden auf ein gewisses Mistrauen.

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH

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