Solarspitzen-Gesetz: Nullvergütung oder Einspeisebegrenzung?

Im Bild zwei Monteure, die ein Photovoltaik-Modul installieren. Das Solarspitzen-Gesetz lässt Praxisfragen ungeklärt.Foto: anatoliy_gleb / stock.adobe.com
Von der technischen Infrastruktur wie Smart Metern und Energiemanagementsystemen hängt es ab, ob Photovoltaik-Anlagen netzdienlich sein können.
Nachdem das Solarspitzen-Gesetz am 25. Februar 2025 in Kraft getreten ist, stellt sich für Betreiber:innen von kleinen Photovoltaikanlagen die Frage, ob sie einen Smart Meter erhalten oder eine Einspeisebegrenzung akzeptieren müssen. In beiden Fällen kommt es zu kleinen Nachteilen. Doch sie sind zu verkraften.

„Die Photovoltaikanlagen sind hoch wirtschaftlich“, sagt Susanne Jung, Geschäftsführerin des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV), der sich vor allem für die Betreiber:innen der Anlagen einsetzt. Gerade habe sie sich einige aktuelle Angebote für Anlagen mit und ohne Speicher angesehen. Es sei aus ihrer Sicht zu empfehlen, sich eine PV-Anlage aufs Dach zu setzen – trotz Nullvergütung oder Einspeisebegrenzung im Solarspitzen-Gesetz.

Wie bereits berichtet, ist mit dem Solarspitzengesetz die Begrenzung der Einspeiseleistung bei kleinen PV-Anlagen bis 100 kW Leistung zurück, sofern sie nicht über ein intelligentes Messsystem und Steuerungseinrichtungen verfügen. Schon 2012 hatte der Bundestag eine solche Begrenzung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt. Sie lag bei 70 Prozent. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine 10 Kilowatt (kW) starke PV-Anlage mit maximal 7 kW Leistung ins Netz einspeisen durfte. Aufgrund der Energiekrise nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Ampelkoalition diese Begrenzung mit dem EEG 2023 abgeschafft – auch für alle Bestandsanlagen. Jetzt ist sie wieder da mit einer Leistungsbegrenzung bei 60 Prozent. Sie trifft aber nur neue Anlagen, die seit dem 25. Februar 2025 in Betrieb gehen.

Was bewirken die Neuregelungen im Solarspitzengesetz?

Ausgangspunkt des Solarspitzen-Gesetzes sind vermehrt auftretende Zeiten temporärer Erzeugungsüberschüsse. „Der Strom findet zu normalen Preisen dann keine Nachfrage mehr und wird zu teilweise stark negativen Preisen verkauft“, heißt es dazu im Gesetz: „Diese negativen Preise erhöhen die Kosten der Förderung der erneuerbaren Energien und des Stromsystems insgesamt.“ Daher wollten die Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit dem Gesetz die Flexibilität im Stromsystem erhöhen.

Das hat nun folgende Auswirkungen auf die Betreiber:innen kleiner Anlagen bis 100 kW. Dabei hängen die konkreten Anforderungen von der Größe einer PV-Anlage ab.

Neue Steckersolaranlagen mit bis 2 kW Modulleistung und 800 Watt Wechselrichterleistung

Bei diesen Anlagen gibt es keine Anforderungen. Die Betreiber:innen können sie einfach an das Stromnetz anschließen und unbegrenzt einspeisen. Allerdings wird es aufgrund des Eigenverbrauchs nur selten zu hohen Einspeisungen kommen.

Neue PV-Anlagen bis 7 kW Leistung

Anlagen mit einer Größe bis 7 kW sind nicht im Fokus des Messstellenbetriebsgesetzes. Hier muss kein Smart Meter und keine intelligente Steuerung installiert werden. Die Smart-Meter-Pflicht kann allerdings auch aufgrund einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung gegeben sein, wenn zum Beispiel eine Wärmepumpe im Haus betrieben wird. Sofern keine intelligente Steuerung in Kombination mit einem intelligenten Messsystem erfolgt, gilt bei diesen PV-Anlagen die Wirkleistungsbegrenzung auf 60 Prozent. Und dies gilt auch bei sehr kleinen Anlagen, wenn der Wechselrichter die Leistung von 800 Watt übersteigt. in der Gesetzesbegründung ist zwar von einer Anlagengröße von 2 kW die Rede und sie ist insofern missverständlich. Doch der Gesetzestext selbst macht nur eine Ausnahme für Steckersolaranlagen. „Grundsätzlich ist der Gesetzeswortlaut anzuwenden“, erklärte auf Anfrage der Solarthemen die Clearingstelle EEG|KWKG: „Ausweislich § 9 Abs. 2 Satz 4 EEG 2023 neue Fassung (n. F.) gilt die Ausnahme von der Pflicht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EEG 2023 n.F. nur für Steckersolaranlagen und nicht grundsätzlich für alle Solaranlagen bis zu einer installierten Leistung von 2 kWp.“

Die Leistungsbegrenzung muss immer so erfolgen, dass Anlagenbetreiber:innen sie nicht selbst steuern können. Sie muss also zum Beispiel durch den Installateur fest im Wechselrichter programmiert worden sein.

Neue PV-Anlagen bis 25 kW Leistung

PV-Anlagen mit mehr als 7 kW Leistung sollen ein intelligentes Messsystem und eine intelligente Steuerung erhalten. Auch wenn der Messstellenbetreiber dies nicht sofort installiert, wird es früher oder später kommen. Bis dahin ist die Einspeiseleistung auf 60 Prozent zu begrenzen.

Neue PV-Anlagen mit mehr als 25 kW und weniger als 100 kW Leistung

Hier gilt zunächst das Gleiche wie bei den kleineren Anlagen. Doch zusätzlich ist hier bis zum Ersatz durch die intelligente Steuerung ein anderes System zu installieren, mit dem der Netzbetreiber die Einspeiseleistung jederzeit ganz oder teilweise ferngesteuert reduzieren kann – notfalls also der bislang übliche Funkrundsteuerempfänger,.

Neue PV-Anlagen mit mindestens 100 kW Leistung

Auch diese Anlagen sind technisch so auszustatten wie die Anlagen ab 25 kW Leistung. Eine Einspeisebegrenzung auf 60 Prozent ist hier aber nicht vorgesehen, da diese Anlagen in der Regel den erzeugten Strom über einen Dienstleister direkt vermarkten müssen. Die 60-Prozent-Begrenzung greift generell nicht bei der Direktvermarktung, sondern nur, wenn sie eine Einspeise- oder eine Mieterstromvergütung erhalten.

Auch kleine Anlagen, die direkt vermarkten, müssen also die Einspeiseleistung nicht begrenzen.

Kleine finanzielle Einbußen durch das Solarspitzen-Gesetz

Die begrenzte Einspeiseleistung wirkt sich für Betreiber:innen nur dann finanziell aus, wenn die PV-Anlage dadurch komplett abgeregelt ist. Wenn der Strom selbst nutzbar ist bzw. in einer Batterie gespeichert werden kann, während die maximale Einspeiseleistung ansonsten überschritten würde, erleiden Betreiber:innen keine Einbußen. Sie können dann den kompletten erzeugten Strom oder zumindest einen großen Teil davon verwerten.

Das gilt ähnlich, wenn intelligente Zähler und Steuerungen installiert sind. Hier sieht das Gesetz vor, dass bei negativen Strompreisen die Einspeisevergütung auf Null zu setzen ist. Doch wenn in diesen Zeiten der Strom selbst nutzbar oder speicherbar ist, dann hat das mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit einer Anlage keine Auswirkungen.

Problematisch ist aus Sicht von Susanne Jung vom SFV die Neuregelung insbesondere für Volleinspeiseanlagen, bei denen es keinen Eigenverbrauch gibt. Diese seien aus ihrer Sicht vor allem hilfreich gewesen, wenn auf einem Mehrparteienhaus eine PV-Anlage installiert werden sollte und die weitere Nutzung im Gebäude noch nicht geklärt war. Hier konnten sich etwa Eigentümergemeinschaften dann zunächst gut darauf einigen, zumindest eine Volleinspeiseanlage zu betreiben. Deren Ertrag werde nun durch die Neuregelung gemindert, so Jung. Doch auch die Volleinspeisung könne weiterhin wirtschaftlich sein. Dennoch, kritisiert Jung, habe der Gesetzgeber mit den Regelungen im Solarspitzen-Gesetz neue Hürden geschaffen. Und sei es nur, weil das Energierecht dadurch wieder schwerer verständlich werde.

Wie stark wirkt das Solarspitzen-Gesetz?

Es gibt inzwischen eine Reihe von Simulationen, zu welchen Ertragseinbußen die Neuregelungen führen. Das Unternehmen 1Komma5 Grad hatte sehr hohe Minderungen von mehr als 20 Prozent aufgrund von selbst konstruierten Fallkonstellationen errechnet, die es aber nicht offen gelegt hat. Außerdem ist hier zu berücksichtigen, dass bei hohen Einbußen der spezielle Stromtarif von 1Komma5 Grad attraktiver erscheint.

In Kooperation mit dem SFV hat nun Frank Hergert, Physiker und Professor für Regenerative Energietechnik an der Hochschule Koblenz sowie SFV-Vorstandsmitglied, simuliert, wie stark sich die 60-Prozent-Kappung oder negative Strompreise (bei intelligenter Messung) auswirken. Das hängt auch davon ab, wie die Anlage zur Sonne hin installiert ist. Bei einer südlichen Ausrichtung kommt Hergert auf eine Ertragsminderung von etwas mehr als 8 Prozent. Sie reduziert sich, wenn der Strom in einer Batterie gespeichert werden kann. Sofern die Anlage in Ost-West-Richtung installiert ist, fällt die Minderung wesentlich geringer aus, weil die Spitzenleistung dann schon durch Modulausrichtung verringert wird.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) ermittelte ähnliche Zahlen. Er erwartet für Volleinspeiseanlagen mit Ost-West-Ausrichtung bei der 60-Prozent-Begrenzung einen Verlust von maximal 1 Prozent, bei Südausrichtung von 9 Prozent – also in einer ähnlichen Größenordnung wie Hergert. Und auch der BSW-Solar erklärt, dies sei durch einen Speicher zumindest teilweise kompensierbar.

Wahloption Nullvergütung oder Einspeisebegrenzung

Für einzelne Anlagenbetreiber:innen kann es mit dem Solarspitzen-Gesetz zur Wahloption kommen, ob sie – frühzeitig – eine intelligente Steuerung erhalten oder die Einspeiseleistung auf 60 Prozent begrenzen. Derzeit steigen die Stunden mit negativen Strompreisen an. Ob dies aber auch in Zukunft so sein wird, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, die jetzt nicht klar vorhersehbar sind. Wer Strom selbst nutzen oder zwischenspeichern kann, für den wird es kaum eine Rolle spielen, welches Modell er wählt. Und auch für Volleinspeiser:innen sind die finanziellen Auswirkungen wahrscheinlich gering. Bei Anlagen oberhalb von 7 kW wird die intelligente Steuerung sowieso sehr bald oder auch in den nächsten Jahren kommen.

Wie Susanne Jung vom SFV betont, sollten Betreiber:innen die Anlagengröße aber nicht aufgrund dieser Unterschiede bestimmen. „Macht das Dach voll“, so ihr Tipp. Denn damit sänken immer die spezifischen Kosten und die Wirtschaftlichkeit verbessere sich. Und es sei besser, in einem Rutsch den Platz zu nutzen, den man hat, als die Anlage nach und nach zu erweitern.

Quelle: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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