Photovoltaik: Qualität ist nicht immer top

Arbeiter bauen eine Photovoltaikanlage auf eiem Dach wegen Qualitätsmängeln ab.Foto: Guido Bröer
Manches PV-Dach musste in letzter Zeit wieder abgebaut werden, weil die Module den Qualitätsversprechen der Hersteller nicht genügt haben.
Der Erfolg der Energiewende in Deutschland hängt davon ab, dass Photovoltaikanlagen zuverlässig Strom liefern. Doch im Zuge mas­siver Billigimporte machen sich Zwei­fel an der Qualität und Produktsicherheit von Solarmodulen breit. Heimische Unternehmen beginnen deshalb damit, selbst die Produkte in den Werken zu überprüfen. Der­weil raten Verbraucherschützer Endkunden, sich Leistung und mechanische Verlässlichkeit vorab bestäti­gen zu lassen.

Die Qualität im deutschen Photovoltaik-Markt ist ins Gerede gekommen. Mit den fallenden Preisen drücken offenbar auch minderwertige Solarmodule in den hiesigen Markt. Davor warnt Martin Schachinger vom Handelshaus pvXchange. Die Leistungstreue ausgelieferter Module lasse „gerade in den höchsten Leistungsklassen zu wünschen übrig“, schreibt er in einem Marktbericht.

Auch das Münchener Energieunternehmen Maxsolar hat wegen „Solarmodulfehlern in der Solarbranche“ Bedenken. Deshalb lässt der Entwickler von regenerativen Kraftwerken mittlerweile die bezogenen Solarmodule vor der Auslieferung von einem externen Dienstleister auf Schäden untersuchen, und zwar zu 100 Prozent anstatt wie bisher üblich nur stichprobenartig.

Projektierer gehen auf Nummer sicher

„Mit unserer umfangreichen Pipeline an Großprojekten ist die Qualitätssicherung erforderlich, um eine langfristige Leistung und Erträge sicherzustellen“, begründet Christoph Strasser, CEO der Maxsolar GmbH, den kostspieligen Schritt. Traditionelle Stichprobenmethoden überließen zu viel dem Zufall. „Fehlerhafte Module können unentdeckt bleiben und die Solarproduktion sowie die Rentabilität ganzer Projekte gefährden“, sagt er. Die Münchener haben laut eigener Auskunft Projekte mit rund 7,5 Gigawatt (GW) in Planung. Am Ende muss das Unternehmen die Leistung den Kunden gegenüber auch garantieren können.

Prüfung der Solarmodule durch Dritte direkt im Werk

Die Module kauft Maxsolar weltweit ein. Der neue Geschäftspartner, die in Hongkong hauptansässige Sinovoltaics, übernimmt die Prüfungen in den dortigen Werken. Es geht dabei um Elektroluminiszenz(EL)-Tests. Dabei werden die Modulstrings unter Spannung gesetzt, die dafür sorgt, dass funktionstüchtige Bereiche schwaches Licht aussenden. Fehlerhafte Segmente bleiben dunkel.

„Jede namhafte Fabrik führt für 100 Prozent ihrer Module einen EL-Test durch“, sagte Arthur Claire, Sinovoltaics Direktor für Technologie, den Solarthemen. „Das Problem liegt darin, dass dies ein manueller Prozess ist. Arbeiter verbringen zehn bis zwölf Stunden am Tag damit, die über EL generierten Bilder zu prüfen. Häufig bleiben pro Modul nur wenige Sekunden, um Defekte zu entdecken.“ Der menschliche Faktor sorge für hohe Fehlerraten, weshalb defekte Module immer wieder die Qualitätskontrollen der Hersteller passieren können. Um das zu vermeiden, habe Sinovoltaics eine Software-Lösung entwickelt, die EL-Tests automatisiert durchführen kann.

EL-Tests: Ein Prozent der PV-Module fällt durch

Dabei zeige sich laut Claire, dass „mehr als ein Prozent der Module nicht-konforme, zellinhärente Defekte aufweisen.“ Das seien zum Beispiel Mikrorisse und Lötanomalien. Die Spannweite minderwertiger Module bei den von Sinovoltaics untersuchten großen Namen der Branche, den Tier-1-Produzenten, liege zwischen 0,1 und 1,98 Prozent der Gesamtproduktion. Im ersten Halbjahr 2024 fielen damit bei von Sinovoltaics untersuchten Produkten 12,5 Megawatt (MW) durch.

Rechnet man diesen Anteil auf alle PV-Modulproduzenten hoch, wäre jedes Hundertste Modul eines Markenherstellers schadhaft, das in den deutschen Markt kommt.

Weniger Leistung als versprochen

Beim Fraunhofer ISE zeigen Untersuchungen, dass viele PV-Module in den letzten Jahren die versprochenen Leistungen nicht mehr erbracht haben. Das Institut vergleicht PV-Module im eigenen Kalibrierungslabor seit 2012. Dabei steige die Diskrepanz zwischen den Angaben der Hersteller und den Testergebnissen seit 2016 deutlich an, erklärt Daniel Phillip, Leiter der Abteilung Modulcharakterisierung und Zuverlässigkeit am Fraunhofer ISE. „Für das Jahr 2023 gipfelte das in einer negativen Abweichung zwischen Herstellerangabe und unserer Überprüfung von etwa 1,3 Prozent.“ Positive Abweichungen kamen – anders als früher – so gut wie gar nicht mehr vor. 2024 war die Unterperformance der Module mit 1,2 Prozent nur unwesentlich besser.

Rat vom Verbraucherschutz

Auch die Verbraucherschützer in Deutschland haben das Qualitätsthema bei der Photovoltaik auf dem Schirm. Allerdings gebe es bisher kaum Beschwerden im größeren Stil, die zu den Energieberatungsstellen durchgedrungen seien. Eine mögliche Erklärung: Qualitätsprobleme bei Modulen betreffen vor allem jüngere Produktgenerationen. „Das Problem ist: Wenn keiner vor der Inbetriebnahme nachmisst, bemerkt man mögliche Qualitätsmängel erst im Nachhinein“, sagt Thomas Zwingmann, Gruppenleiter Energie und Klima bei der Verbraucherzentrale NRW. „Wer eine PV-Anlage kauft, sollte sich deshalb vom Installateur bestätigen lassen, dass die Leistung stimmt und die Anlage allen mechanischen Anforderungen standhalten kann“, rät er. Die Installationsbetriebe ihrerseits könnten diese Nachweise bei Händlern und Produzenten einfordern und sich so rückversichern.

TÜV: Viele neue Module fallen durch

Auch jüngste Beobachtungen des TÜV Rheinland legen Qualitätsprobleme bei einigen neuen Solarmodulen nahe. So fielen immer mehr fabrikneue Module schon bei den Eingangsprüfungen durch, und zwar „bevor sie irgendwelche Stresstests im Labor durchlaufen haben“, wie TÜV-Solarprüfungsexperte Eckart Janknecht erläutert. Gründe seien Verarbeitungsmängel in der Produktion sowie minderwertige Vorprodukte. Betroffen seien zudem unterschiedliche Modulkomponenten.

Dabei handelt es sich zwar nicht um Module, die schon im Verkauf sind, schließlich haben die Hersteller sie dem Überwachungsverein ja bewusst vor der geplanten Markteinführung in Europa zur Prüfung übergeben.

Doch die Frage stellt sich, warum das Qualitätsproblem nur auf die Hersteller beschränkt sein sollte, die ihre Produkte beim TÜV vorstellen. Die Zertifizierung durch den TÜV oder einen anderen externen Zertifizierer ist keine Voraussetzung, um Module in der EU verkaufen zu können.

Notwendig ist dafür nur die CE-Kennzeichnung, also eine Erklärung, dass die in die EU exportierten Module sämtlichen produktsicherheitsrechtlichen Bestimmungen entsprechen, zum Beispiel allen elektrotechnischen und mechanischen Normen. Das aber können die Hersteller intern und selbst prüfen (oder auch nicht) und es dann einfach erklären. Es gibt keine Vorschriften für eine zwingende externe Validierung.

Grauzone der Zuständigkeit

Auffallen würde ein mögliches Unterlaufen hiesiger Qualitätsstandards eventuell beim Zoll. Denn wenn die „Zollbehörde einen Verdacht hat, dass eine Ware nicht den geltenden produktsicherheitsrechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union entspricht, wird die Sendung angehalten und die zuständige Marktüberwachungsbehörde darüber informiert“, erklärt eine Sprecherin der Bonner Generalzolldirektion den Solarthemen. Und es sei ausschließlich diese Marktüberwachungsbehörde, die anschließend die Überprüfung der CE-Kennzeichnung vornimmt und die Produkte im Zweifel aus dem Verkehr zieht. „Hinsichtlich Solarmodulen und anderen PV-Produkten ist die Bundesnetzagentur für die Marktüberwachung zuständig“, so der Deutsche Zoll weiter.

Die Behörde widerspricht. In Deutschland gebe es „eine sektorspezifische Zuständigkeit, die von Bundes- und Landesbehörden wahrgenommen wird“, so eine Sprecherin der Bundesnetzagentur (BNetzA). In der Regel seien die Gewerbeaufsichtsämter mit der Produktsicherheit von importierten PV-Modulen betraut. Auf den ersten Blick finden sich dort allerdings keine weiterführenden Informationen. Und weil weder der Deutsche Zoll noch die BNetzA sich in der Lage sehen, zum Ausmaß möglicher Falschimporte von PV-Modulen Stellung zu beziehen, bleibt eine Grauzone übrig.

2024 weniger Vertriebsverbote für Wechselrichter

Eine klare Zuständigkeit seitens der BNetzA besteht hingegen bei Wechselrichtern. Dort wurde sie 2023 aktiv, nachdem sie feststellte, dass Solarwechselrichter für Balkonanlagen des chinesischen Herstellers Ningbo Deye „eine Gefährdung für den Menschen darstellen können“. Der Grund: Den Wechselrichtern fehlte ein wesentliches Relais. Daraufhin sprach die Behörde ein Vertriebsverbot aus. Insgesamt zog sie 2023 nach eigenen Angaben die enorme Zahl von rund 2,3 Millionen Wechselrichtern für PV-Anlagen aus dem Verkehr – vor allem aus Online-Shops. Damit zählten die Bauteile zu den Top-10-Produkten, deren Vertrieb die BNetzA gestoppt hatte. Das Problem hat sich 2024 offenbar abgeschwächt. In der jüngsten TOP-10-Liste der Bundesnetzagentur-Eingriffe tauchen Wechselrichter nicht mehr auf.

Autor: Oliver Ristau | © Solarthemen Media GmbH

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