50 Jahre DGS: Einsatz für die Solarenergie

Solarthemen: 50 Jahre DGS – wie lange sind Sie denn schon dabei?
Jörg Sutter: Ich kann es gerade nicht genau sagen, aber es muss so Mitte der 90er-Jahre gewesen sein, als ich Mitglied bei der DGS wurde. Über einen Messestand auf der Intersolar, die damals noch in Pforzheim stattfand, bin ich auf den Verband aufmerksam geworden. Ich wurde Mitglied und engagierte mich zunächst lokal. Wie das in Vereinen oft der Fall ist: Wenn man sich ein wenig engagiert, erhält man relativ schnell neue Aufgaben und die Leute schätzen das Engagement. So kam ich über die Jahre zu immer neuen Positionen, bis ich schließlich im Präsidium und jetzt in der Geschäftsführung bin.
Was war Ihre Grundmotivation? Nur weil man einem Verein begegnet, wird man ja nicht direkt Mitglied.
Schon in der Schulzeit hatte ich im Physikunterricht mit Glühbirnen und Solarzellen experimentiert. Das war der Anfang. Und als ich dann auf einen Verein stieß, der sich dem Thema Solarenergie widmete und die Zukunft aktiv gestalten wollte, war ich begeistert. So bin ich dabeigeblieben, und das nun schon über 25 Jahre.
Es gibt tatsächlich immer noch Menschen, die in der Solarenergie etwas Neues sehen. Und manche von denen werden fragen: „Gab es Solarenergie 1975 überhaupt schon oder hat die DGS das erfunden?“
Die DGS hat es natürlich nicht erfunden, das ist eine witzige Frage. Und natürlich hat man die Solarenergie in den 70er-Jahren bereits genutzt, wenn auch in deutlich geringerem Maß als heute. Auch die Photovoltaik war bereits in den 70er-Jahren bekannt – und dies schon seit ein paar Jahrzehnten. Allerdings begann die Entwicklung nicht mit Anlagen auf Dächern, sondern in der Satellitentechnik für die Weltraumforschung. Und irgendwann kam jemand auf die Idee, diese Module auch auf Hausdächern zu installieren, um die eigene Stromversorgung zu sichern. In der Gründungszeit der DGS begann man zudem, Heizkörper schwarz zu streichen und aufs Dach zu legen, um warmes Wasser zu erzeugen. Das waren die Anfänge der Solarkollektoren beziehungsweise der Solarthermie.
Waren die ersten DGS-Mitglieder also Bastler?
Die Gründer der DGS, die ersten Vereinsmitglieder, kamen überwiegend aus dem wissenschaftlichen Bereich. Das waren Fachleute, die in den Bereichen Wärmelehre geforscht haben, teils auch Solarkollektoren entwickelt haben und darin eine große Perspektive für die Zukunft sahen. Sie waren überzeugt, dass diese Technik vorangetrieben werden muss, um in die breite Anwendung zu gelangen. In den ersten Jahren wurden große Konferenzen zum Thema Solarenergie organisiert, um den wissenschaftlichen Austausch zu fördern. Im Laufe der Zeit hat es sich der Verband dann zur Aufgabe gemacht, Informationen für Hausbesitzer bereitzustellen und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten.
Sie selbst waren beim Start der DGS noch ein Kind. Was würden Sie sagen, was die DGS in den Anfangsjahren ausgemacht hat? Was haben Sie von den Menschen erfahren, die schon zu Beginn dabei waren?
Die Motivation der DGS-Mitglieder hat den Verein ausgemacht. Sie waren von der Solartechnik überzeugt und sahen darin eine Lösung für das Energieproblem. Davon wollten sie die Welt überzeugen. In einer Zeit, in der Solarenergie noch nicht auf jeder Messe präsent war, wollten sie diese Technologie in die breite Anwendung bringen. Die Anfangsmotivation war also, die Technologie bekannt zu machen und als Lösung für das Energieproblem zu etablieren.
Das bedeutete eher Wissensvermittlung und Information und weniger politisches Engagement.
Zu Beginn war das politische Engagement sicherlich gering. Die Wissenschaftler:innen, die damals aktiv waren, mussten sich erst einmal vernetzen und den Austausch organisieren. Gegen Ende der 70er-Jahre, nach der Ölkrise, wurde die Bevölkerung zwar sensibler für das Energiethema. Aber wenn Sie mit einem PV-Modul einen Menschen auf der Straße versucht hätten davon zu überzeugen, dass das die Zukunftstechnik ist – ganz ehrlich: Da hätten diese Leute Ihnen einen Vogel gezeigt und Sie für einen Spinner gehalten. Doch so ging das Ganze los. Und jetzt sind wir eine etablierte Branche.
Was waren besondere Momente der DGS?
Das war sicherlich die Entwicklung des Sonnenforums, einer großen Wissenschaftskonferenz, die über mehrere Jahre stattfand. Das war ein absolutes Highlight mit vielen engagierten Wissenschaftler:innen im Bereich Solarenergie. Zudem hat die DGS vor einigen Jahren den Zuschlag erhalten, das Berliner Solarzentrum zu betreiben, das die Bürger über Solarenergie informiert. Auch zahlreiche Projekte, wie die Planungsleitfäden für Photovoltaik, ein echtes Standardwerk für die Branche, die nun in eine internetbasierte Version überführt werden, sind bedeutende Erfolge.
Informationsarbeit ist also nach wie vor sehr wichtig. Wo sehen Sie wesentliche Unterschiede zwischen der DGS von heute und der frühen DGS?
Die frühe DGS kümmerte sich um grundlegende Themen wie die Verbesserung der Wirkungsgrade von Solarzellen und die Senkung der Preise. Im Laufe der Zeit wurde der Fokus immer mehr darauf gelegt, wie wir die Technik in großem Maßstab auf die Dächer bringen können. Aktuell stehen wir vor der Herausforderung, die Photovoltaik besser ins Energiesystem zu integrieren und Lösungen für die konkreten Anforderungen an Einfamilienhäuser zu finden. Die Systemintegration ist eine große Herausforderung. Die müssen wir jetzt die nächsten Jahre abarbeiten. Und ich glaube, es wird uns nicht langweilig.
Was sind die wichtigsten Herausforderungen für die DGS?
Wir befinden uns gerade selbst in einem Umstrukturierungsprozess. Wir haben jetzt ein neues Logo, wir haben eine neue Website. Wir erfinden uns quasi selber neu. Das ist die eine Herausforderung für uns als Verein. Die zweite ist, dass bei potenziellen Anwender:innen eine ganz große Unsicherheit herrscht, wie sie die Solarenergie richtig nutzen. Wie groß soll die Anlage sein? Wie viel Geld darf sie kosten? Wie soll man sie einstellen, damit sie optimal funktioniert? Die ganze Photovoltaikwelt wird ja immer komplexer und sie wird immer mehr verknüpft mit der Wärmepumpe, mit Elektromobilität. Und damit wird die Planung auch immer schwieriger. Und da eine Hilfestellung zu geben, das sehe ich als zentralen Punkt der DGS.
Viele Vereine und Verbände stehen vor der Herausforderung eines Generationenwechsels.
Da unterscheiden wir uns nicht von anderen Vereinen und Verbänden. Wir sind von der Mitgliederstruktur her relativ alt. Wir wünschen uns neue, frische, junge Mitglieder. Das klappt nicht immer so ganz. Das ist aber bei anderen Verbänden genauso. Und ich glaube, dass wir es schaffen können. Wir sind dabei, unseren Anstrich, unsere Außenwirkung zu modernisieren, modern zu machen, neue Medien einzusetzen. Und wir haben ja noch einen zweiten Aspekt: Wir sehen, dass sich immer mehr junge Leute bei Fridays for Future engagieren. Wir sehen immer mehr junge Leute, die auch bei uns in Vorträgen sind, wir sie hier erreichen. Und jetzt fehlt quasi nur noch die Angel, um sie als Mitglied zu gewinnen. Wir wollen jünger werden, wir wollen weiblicher werden.
Wie kann sich die DGS in die politische Diskussion einbringen, auch im Vergleich mit anderen Verbänden?
Wir sind bisher kein sehr politisch ausgerichteter Verein. Wir haben unseren Schwerpunkt eher in der Technik, in der Aufklärung und Information. Aber das Präsidium hat schon entschieden, dass wir politischer werden sollen. Dabei haben wir uns auch in den letzten Jahren bereits immer aktiv beteiligt, wenn es um Stellungnahmen ging, wenn Gesetzesänderungen anstanden und anstehen. Dort bringen wir unsere Erfahrung ein. Das werden wir auch weitermachen. Außerdem wollen wir aber auch aktiv die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen lenken, die uns wichtig sind. So darf man zum Beispiel bei aller Diskussion um Smart Meter und andere Details den Klimaschutz nicht vergessen. Dafür bauen wir die Photovoltaik aus.
Und wenn die Politik den Klimaschutz wieder zurückdrängen und dieses Problem so ein bisschen unter den Teppich kehren will, dann braucht man natürlich jemanden, der dafür eintritt, den Klimaschutz wieder auf die Agenda zu setzen. Wir wollen uns also mehr politisch agieren. Wir haben aber eine andere Rolle als der Bundesverband Solarwirtschaft mit seinen intensiven Kontakten zur Politik. Das streben wir so nicht an. Aber man kann erwarten, dass wir als DGS schon in den kommenden Monaten öfter mal mit einer politischen Botschaft rauskommen und auf den Putz klopfen. Im Fokus stehen für uns dabei die Nutzer:innen der Solarenergie.
Worauf ist in den kommenden Jahren besonders zu achten, um die Solarenergie voranzubringen?
Zunächst ist es wichtig, dass der Kurs in Richtung Klimaschutz und Ausbau erneuerbarer Energien beibehalten wird. Zudem beobachten wir, dass es zunehmend Widerstand gegen Solarprojekte gibt, beispielsweise durch Bürgerinitiativen oder Gemeinderäte. Hier müssen wir gute Argumente entwickeln, um Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern und Überzeugungsarbeit zu leisten. Das wird eine zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre sein.
Interview: Andreas Witt | © Solarthemen Media GmbH