Hessische Bauordnung: Erleichterung für erneuerbare Energien auf dem Weg

Kaweh Mansoori, Hessens Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum hat den Gesetzentwurf zur Novelle der Bauordnung basierend auf den Vorschlägen einer Expertenkommission für Innovation im Bau erarbeiten lassen. Ziel ist es nach Aussage des Bauministers vor allem, mehr Wohnraum zu schaffen. Dafür plant er Erleichterungen etwa für den Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnungen. Vorgesehen sind auch geringere Stellplatzpflichten und weniger Spielplätze, um Baukosten zu senken. Ebenso Teil der Novelle der hessischen Bauordnung sind verringerte Anforderungen für erneuerbare Energien.
Einige Solaranlagen in Hessen künftig genehmigungsfrei
So sollen bestimmte Solaranlagen künftig genehmigungsfrei sein. Das gilt für Anlagen, die nach der hessischen Bauordnung in Abstandsflächen eines Gebäudes auch schon bisher zulässig sind. Das sind gebäudeunabhängige Solaranlagen mit einer mittleren Höhe bis drei Meter über der Geländeoberfläche und bis zu neun Metern Länge sowie Solaranlagen auf bestimmten Abfalleinrichtungen. Diese sind zulässig, waren bisher aber nicht genehmigungsfrei. Das soll sich nun ändern.
Außerdem soll die neue Bauordnung weitere Solaranlagen von der Genehmigungspflicht befreien. Das sind Solaranlagen laut § 35 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b oder Nr. 9 Baugesetzbuch (BauGB), die in den vergangenen Jahren im Baugesetzbuch im Außenbereich für zulässig erklärt wurden. Nicht nur zulässig, sondern laut neuer hessischer Bauordnung genehmigungsfrei sollen dann Solaranlagen auf einer 200 Meter tiefen Fläche längs von Autobahnen oder Schienenwegen sein. Bei letzteren gilt dies entsprechend BauGB nur, wenn es sich um ein übergeordnetes Netz mit mindestens zwei Hauptgleisen handelt.
Regelungen für besondere Solaranlagen
Zudem sollen besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zukünftig genehmigungsfrei sein. Das sind landwirtschaftliche Flächen, die kein Moorboden sind und nicht als Naturschutzgebiet oder als Nationalpark gelten, auf denen gleichzeitig Nutzpflanzen oder Dauerkulturen oder mehrjährige Kulturen oder dauerhaft Grünland angebaut werden. Dabei gibt es bei Dauergrünland weitere Einschränkungen aufgrund des Naturschutzrechts. Außerdem gelten folgende Voraussetzungen:
- das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung,
- die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
Genehmigungsfrei per kommunaler Satzung
Eine weitere Option, Anlagen genehmigungsfrei zu setzen, besteht für Kommunen. Sie können eine städtebauliche oder örtliche Satzung beschließen. Diese soll Regelungen über die Zulässigkeit, den Standort und die Größe von Solaranlagen enthalten. Wenn eine solche Anlage dann der Satzung entspricht, wäre sie genehmigungsfrei.
Anlagen zur Wasserstofferzeugung sollen künftig auch genehmigungsfrei sein, sofern der darin erzeugte Wasserstoff dem Eigenverbrauch in den baulichen Anlagen dient, für die sie errichtet werden. Und ebenso privilegiert sind dann Anlagen zur Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff sowie die zugehörigen Gasspeicher. Bedingung ist hier, dass Erzeugung und Nutzung in einem werksmäßig hergestellten Gerät kombiniert sind und die Speichermenge 20 Kilogramm nicht überschreitet.
Abweichungen von der Bauordnung vereinfachen gerade für erneuerbare Energien
Interessant sind auch die vorgesehenen Änderungen in Paragraf 73 der hessischen Bauordnung, die regelt, wann die Baubehörden Abweichungen von der Bauordnung oder anderen Vorschriften genehmigen können. Bisher ist das eine Kann-Regelung. Daraus möchte das Bauministerium eine Soll-Regelung machen. Und der neue Paragraf 73 Abs. 1 definiert, wann das insbesondere gelten soll. Zu den drei Vorhaben, die die neue Bauordnung nennt, gehören solche zur Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass Kommunen bei der Abwägung inzwischen auch zu berücksichtigen haben, dass die Errichtung von Erneuerbare-Energien-Anlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegt.
Von weiteren Erleichterungen für erneuerbare Energien in der hessischen Bauordnung profitiert die Windenergie. Hier sollen sich die Prüfpflichten für die Baubehörden reduzieren, da die Anlagen bereits im Rahmen der EU-Verordnung über Maschinen eine EU-Konformitätserklärung und ein CE-Zeichen nachweisen müssen.
Ladestation für E-Fahrzeug aus Stellplatzabgabe finanzieren
Eine der Änderungen der hessischen Bauordnung soll den Ausbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge erleichtern. Auch jetzt schon ist eine Ablösesumme fällig, wenn ein Bauherr keine vorgeschriebene Zahl an Fahrzeug-Stellplätzen errichten kann. Diese Summe fließt an die Kommune. Sie kann aber nicht frei über das Geld verfügen, sondern muss es für bestimmte Zwecke einsetzen. Und dazu soll künftig auch die Herstellung zusätzlicher Ladestationen für Elektromobilität zählen sowie die Instandhaltung, Instandsetzung oder Modernisierung bestehender Stationen.
Der Gesetzentwurf ist jetzt in der Verbändeanhörung. Es kann sich also noch etwas ändern, bevor die hessische Landesregierung die Novelle in den Landtag einbringt.
Hessen ist damit das zweite Land, das in jüngster Zeit nach Baden-Württemberg seine Bauordnung auch zum Vorteil erneuerbarer Energien ändern möchte. Im Südwesten hat der Landtag seine neue Bauordnung bereits beschlossen.
Quelle: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH