Gamechanger oder Flop? Digitale Tools für Installateur:innen 2025

Die Solarbranche steht unter Druck. Die Nachfrage sinkt, besonders im Residential-Bereich. Steigende Zinsen und ein Rückgang im Neubausektor erschweren zusätzliche Investitionen. Auch der EU Market Outlook 2024–2028 von SolarPower Europe zeigt: Nach dem Boom der vergangenen Jahre flacht das Wachstum deutlich ab. Gründe sind Netzengpässe, fehlende Flexibilität im Stromsystem und Unsicherheit bei Förderung und Planung.
Hinzu kommt eine spürbare Investitionszurückhaltung. Im Februar 2025 sank das PPA-Vertragsvolumen europaweit um über 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Wettbewerb verschärft sich – Installateure kämpfen mit schwankenden Einnahmen, ineffizienten Prozessen und steigendem Preisdruck.
Wie digitale Werkzeuge hier helfen können, zeigte zuletzt die Solar Solutions Amsterdam 2025. Dort stellte Fieldcode ein neues System zur Wartungskoordination vor – ein Beispiel dafür, wie sich Abläufe effizienter gestalten lassen. Doch wie weit ist der Markt wirklich? Der folgende Überblick zeigt, welche Tools heute im Einsatz sind – und wo sie Installateure konkret entlasten.
Planung: Ein Testlauf für digitale Tools
Wer in der Solarbranche aktiv ist, weiß: Zeit ist knapp, und Fehler kosten Geld. Tools wie Solar Monkey, Aurora Solar und PVcase behaupten, hier Abhilfe zu schaffen, indem sie Prozesse automatisieren und vereinfachen.
Solar Monkey hat sich auf die schnelle Planung und Angebotserstellung spezialisiert. Die Plattform nutzt KI-gestützte Funktionen, um beispielsweise Verschattungsanalysen und Ertragsprognosen automatisch zu berechnen.
- Pro: Benutzerfreundlichkeit, präzise Berechnungen, deutliche Zeitersparnis.
- Contra: Begrenzte Anpassungsmöglichkeiten bei komplexeren Sonderprojekten.
Aurora Solar ist eine cloudbasierte Plattform zur Planung und zum Vertrieb von PV-Anlagen. Sie kombiniert 3D-Dachmodellierung, LiDAR- und Wetterdaten mit präzisen Verschattungsanalysen für eine schnelle, fundierte Angebotserstellung. Schnittstellen (APIs) ermöglichen die Integration in bestehende Vertriebsabläufe..
- Pro: Cloudbasiert, schnelle Planung, umfassende Datenintegration
- Contra: Begrenzte Detailtiefe bei komplexen technischen Anforderungen
PVcase hat sich auf die Planung von Großprojekten und Nachführsystemen spezialisiert. Die Software zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, umfangreiche technische Daten zu integrieren, was besonders wertvoll für Solarparks ist.
- Pro: Speziell für Großanlagen und Nachführsysteme optimiert.
- Contra: Fokus auf Nischenprojekte, weniger geeignet für kleinere Installationen.
Beschaffung: Digitale Marktplätze
Abseits der Planung bleibt die Beschaffung eine zentrale Herausforderung. Hier setzt etwa Solartraders als ein digitaler Marktplatz an. Während Tools wie Solar Monkey auf interne Prozesse fokussiert sind, hat Solartraders eine klare Nische: die Optimierung der Lieferkette.
Die Plattform wurde bereits 2011 gegründet, um den analogen Beschaffungsprozess zu digitalisieren und Installateuren länderübergreifenden Zugang zu Angeboten von inzwischen über 100 Distributoren zu ermöglichen. „Installateure sehen auf einen Blick, was verfügbar ist – ohne mühsame Einzelanfragen. Gleichzeitig können sie Angebote marktweit vergleichen. Gerade in Zeiten knapper Lagerbestände spart das enorm viel Zeit“, so Frederic Drouard, Geschäftsführer von Solartraders. Es war sein Ziel, ähnlich wie Amazon im Endkundengeschäft mit SolarTraders Transparenz und Vergleichbarkeit in einem bislang stark fragmentierten B2B-Markt zu schaffen.
Für Installateure bedeutet das: mehr Auswahl, geringere Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten – und die Möglichkeit, schneller und datenbasierter zu entscheiden. Zudem ermöglicht diese digitale Struktur eine schnelle Reaktion auf Marktveränderungen – etwa bei Lieferengpässen oder plötzlichen Preisschwankungen.
- Pro: Vergleichbarkeit, einfache Bedienung, schnelle Entscheidungsfindung.
- Contra: Keine Integration in andere Planungstools, Fokus rein auf Beschaffung.
Wartung und Diagnostik: Präzision durch smarte Technologien
Nach der Planung & Beschaffung folgt die Wartung – und hier liegt enormes Potenzial für Effizienzsteigerungen. So kombiniert PVision Drohnentechnologie mit KI, um Schäden an PV-Anlagen zu erkennen, die mit bloßem Auge unsichtbar bleiben.
- Pro: Hohe Genauigkeit, präventive Fehlererkennung, Kosteneinsparungen.
- Contra: Hohe Anschaffungskosten, nicht für alle Betriebsgrößen geeignet.
Solytic ergänzt diesen Ansatz durch kontinuierliches, herstellerübergreifendes Monitoring. Der sogenannte Operations Hub ermöglicht es, PV-Anlagen verschiedener Hersteller zentral zu überwachen und Fehler frühzeitig zu identifizieren – besonders hilfreich bei gemischten Portfolios.
- Pro: Interoperables System, zentrale Störungsübersicht.
- Contra: Einrichtung aufwändiger, eher für größere Anlagenbestände geeignet.
Fieldcode bringt digitale Struktur in die Wartung. Die Software koordiniert Serviceeinsätze, automatisiert Prozesse und hilft, Störungen schneller zu beheben. Ursprünglich für klassischen Field Service entwickelt, ist sie heute auf die Anforderungen von PV-Betrieben zugeschnitten – besonders für größere Teams und komplexe Anlagen.
- Pro: Optimierte Disposition, reduzierte Ausfallzeiten, zentrale Verwaltung.
- Contra: Komplexere Einrichtung, eher für strukturierte Serviceorganisationen geeignet.
Energieflüsse steuern – mit herstellerunabhängigem Energiemanagement
Digitale Steuerung wird zunehmend relevant – gerade bei komplexen Systemen mit PV, Speicher, Wärmepumpe und Ladeinfrastruktur. Das Tool gridX vernetzt diese Komponenten herstellerübergreifend auf einer zentralen Plattform, um Energieflüsse zu optimieren, Eigenverbrauch zu erhöhen und netzdienliches Verhalten zu unterstützen. Für Installateure entsteht so ein konkreter Mehrwert: Sie können Systeme besser integrieren und ihren Kunden smarte Gesamtlösungen anbieten.
- Pro: Echtzeitsteuerung, hohe Kompatibilität, integrierte Systemlösung
- Contra: Höherer Aufwand bei der Einrichtung, eher für größere Anlagen geeignet.
Vertriebsprozesse: Kunden im Fokus
Neben Planung und Wartung rücken Plattformen wie SolarHub verstärkt die Kundenbeziehung ins Zentrum. SolarHub unterstützt mit digitalen Prozessen die Installateure bei Akquise und Verwaltung mit automatisierten Abläufen und zentraler Datenpflege – und schafft so mehr Effizienz im Vertriebsalltag.
- Pro: Verbesserte Kundenbeziehung, Effizienz im Vertrieb.
- Contra: Komplexe Bedienung, hoher Schulungsaufwand.
HERO geht noch einen Schritt weiter und digitalisiert die gesamte Auftragsabwicklung – von Angebot bis Rechnung. Mit Cloud-Zugriff, mobiler App und Schnittstellen wie DATEV oder Datanorm ist die Software besonders für Betriebe geeignet, die Büro und Baustelle effizient verknüpfen wollen.
- Pro: Ganzheitliche Lösung für Büro und Baustelle, Schnittstellenvielfalt
- Contra: Umfangreiche Einrichtung, weniger Fokus auf CRM
Ein digitales Ökosystem für Installateure
Die wahre Stärke dieser Tools liegt in ihrer Zusammenarbeit. Ein mögliches Szenario: Ein Installateur plant die Anlage mit Solar Monkey, nutzt Solytic zur laufenden Überwachung, koordiniert Serviceeinsätze mit Fieldcode – und beschafft die passenden Komponenten über den B2B Marktplatz Solartraders.
Doch das erfordert Interoperabilität – und genau hier liegt die Herausforderung. Ohne abgestimmte Schnittstellen und einheitliche Standards bleiben viele Potenziale ungenutzt. Nur wenn Systeme zusammenarbeiten, kann Digitalisierung ihren vollen Nutzen entfalten.
Fazit: 2025 wird digital – aber mit Vorsicht
Die Digitalisierung ist kein Allheilmittel, aber sie kann entscheidend dazu beitragen, die Solarbranche effizienter und widerstandsfähiger zu machen. Von Planungstools wie Solar Monkey über Diagnoselösungen wie PVision bis hin zu Plattformen wie SolarTraders gibt es spannende Ansätze, die Installateuren den Arbeitsalltag erleichtern können.
Die Frage bleibt jedoch: Welche dieser Lösungen sind echte Gamechanger – und welche werden in Vergessenheit geraten?
Gastautorin: Lisa Giesbrecht ist Head of Marketing bei Solartraders mit einem Hintergrund in digitaler Transformation. Ihr Fokus liegt darauf, digitale Lösungen in der Solarbranche für Installateure zugänglicher zu machen. Bei Solartraders arbeitet sie laut eigener Aussage daran, die Plattform als effizientes Werkzeug für den Einkauf zu stärken – und langfristig auch Raum für fachlichen Austausch und Zusammenarbeit zu eröffnen.
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