Weißbuch Wasserstoffspeicher: BMWK setzt auf deutsche Schlüsselrolle

Laut dem Weißbuch Wasserstoffspeicher, das das BMWK auf seiner Website veröffentlicht, wird der Bedarf an Wasserstoffspeichern in den kommenden Jahren massiv ansteigen. Bis 2030 wird in Deutschland ein Speicherbedarf von 2 bis 7 Terawattstunden (TWh) erwartet, der bis 2045 auf 76 bis 80 TWh anwachsen könnte. Haupttreiber sind der Einsatz von Wasserstoff in der Industrie sowie in Kraftwerken zur Rückverstromung. Europaweit wird bis 2050 ein Speicherbedarf von bis zu 161 TWh prognostiziert. Schon aus dem Vergleich dieser Zahlen wird deutlich, dass Deutschland bei der Wasserstoffspeicherung eine Führungsrolle anstrebt.
Deutschland als Speicherstandort mit Potenzial
Auch deshalb, weil Deutschland nach Aussagen des Weißbuchs über günstige geologische Voraussetzungen verfügt, um sowohl den eigenen als auch den europäischen Bedarf an Wasserstoffspeichern zu decken. Besonders Salzkavernen bieten ein großes Potenzial. Zusätzlich könnten obertägige Speicher wie Druck- und Flüssigwasserstoffspeicher für kurzzeitige Speicherung und dezentrale Anwendungen genutzt werden.
Umwidmung bestehender Speicher als Chance
Ein wichtiger Aspekt ist die Umwandlung bestehender Erdgas- und Erdölspeicher in Wasserstoffspeicher. Dadurch könnten bis 2040 bereits 20 bis 50 Prozent des deutschen Speicherbedarfs gedeckt werden. Die Umrüstung von Salzkavernen kann laut Weißbuch bei einem ambitionierten Rechtsregime innerhalb von sechs Jahren erfolgen, während Neubauprojekte bis zu zwölf Jahre dauern könnten. Allein durch die Umwidmung bestehender Erdgas- und Erdölkavernenspeicher, die im Zuge der Energiewende nicht mehr im bisherigen Maß gebraucht würden, könnten bis zu 36 TWh Wasserstoffspeicher entstehen.
Regulatorischer Rahmen und wettbewerblicher Markt
Das Weißbuch befasst sich intensiv mit den regulatorischen Rahmenbedingungen und Beschleunigungsoptionen, um die Realisierungszeiten zu verkürzen und den Aufbau von Wasserstoffspeichern zu fördern. Ziel ist ein wettbewerblich organisierter Speichermarkt, der wirtschaftliche und technologische Vorteile biete. Der Abbau von Markteintrittsbarrieren und klare regulatorische Leitplanken sollen Investitionen fördern.
Weißbuch Wasserstoffspeicher beschreibt Maßnahmenpakete
In diesem Sinne schlägt das BMWK vier Maßnahmenpakete vor, um den Aufbau von Wasserstoffspeichern zu unterstützen.
- Schaffung von Nachfrage: Förderung von Wasserstoffanwendungen in der Industrie, Etablierung grüner Leitmärkte, Unterstützung von Forschung und Entwicklung im Verkehrssektor sowie Etablierung eines Kapazitätsmarktes für H2-ready-Kraftwerke.
- Rechtlicher und regulatorischer Rahmen: Beschleunigte Genehmigungsverfahren, zeitnahe Umsetzung des Europäischen Gas- und Wasserstoff-Binnenmarktpakets.
- Förderung auf europäischer Ebene: Integration von Wasserstoffspeichern in das Erdgas- und Wasserstoff-Binnenmarktpaket, koordinierte Wasserstoff-Infrastrukturplanung und Ausrichtung von Förderprogrammen auf Speicherprojekte.
- Forschung und Entwicklung: Förderung von Forschungsprojekten zum Transport und zur Speicherung von Wasserstoff, wie beispielsweise HyCAVmobil, HYPOS und GOSpeicher.
Das BMWK hofft, noch unter Führung des grünen Ministers Robert Habeck, dass mit diesen Maßnahmen ein wettbewerbsfähiger Markt für Wasserstoffspeicherung angeschoben werden kann. Offensichtlich will man damit auch eine Marschrichtung für die neue Legislaturperiode aufzeigen.
Beim Bundesverband Energiespeicher-Systeme (BVES) zeigt man sich hingegen auf Solarthemen-Anfrage „überrascht“ vom Zeitpunkt der Veröffentlichung. Zumal der Koalitionsvertrag der wahrscheinlich künftigen schwarz-roten Bundesregierung auf Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit setze, so Beatrice Schulz, Leiterin der Abteilung Technologien und Märkte beim BVES: „Hierzu braucht es ein Level-Playing-Field für Technologien in ihren jeweiligen Anwendungen, sonst ist mit Fehlanreizen und Lock-in-Effekten auf Einzeltechnologien zu rechnen. Neben Wasserstoff ist dabei auch an andere Möglichkeiten zur Speicherung von Energie in Form von Strom und insbesondere auch Wärme über längere Zeiträume zu denken.“
BVES: Basis-Szenarien beruhen auf falschen Annahmen
Hierzu müsse man stärker, als es mit dem Weißbuch geschehen sei, auf die einzelnen Bedarfe für Strom, Heizwärme und Prozesswärme schauen, argumentiert die BVES-Expertin. Sie kritisiert die Langfristszenarien des BMWK, auf denen auch die vorliegenden Berechnungen des Weißbuchs beruhen, als lückenhaft. Mindestens bei Batteriespeichern würden Annahmen zugrunde gelegt, die für den BVES „unverständlich und unsachgemäß“ seien. Dadurch werde deren vorhandenes Potenzial deutlich unterschätzt.
„Entsprechend sind wir bei der Bewertung der hier berechneten Zahlen skeptisch“, sagt Schulz zu den Weißbuch-Prognosen. „Sicher ist, es braucht für das große Unterfangen Energiewende kosteneffiziente Lösungen, die sich am Markt bewähren können. Der Fokus auf einen wettbewerblichen Markt im Weißbuch Wasserstoff ist aus unserer Sicht hierbei grundsätzlich zu begrüßen.“
Autor: Guido Bröer | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH