Für alle Gemeinden ist die kommunale Wärmeplanung (kWP) eine gesetzliche Pflichtaufgabe. Ziel ist es, die Wärmeversorgung bis 2045 klimaneutral zu machen. Das heißt vor allem, bis dahin auf Erdöl und Erdgas verzichten zu können. Diese Herausforderung gelingt nicht von heute auf morgen. Sie erfordert eine genaue Kenntnis der Bedingungen vor Ort und strategisches Vorgehen.
Beides soll die kommunale Wärmeplanung ermöglichen. Außerdem kann sie dazu dienen, die verschiedenen Akteure – wie Stadtverwaltungen, Stadtwerke, Gasversorger, Wohnungsbaugesellschaften – an einen Tisch zu bringen. Das Ergebnis ist dann unter anderem ein Plan, der zeigt, wie die jeweiligen Gebiete einer Kommune mit Wärme versorgt werden können.
Ziele für die kommunale Wärmeplanung
Die kommunale Wärmeplanung beleuchtet dabei den aktuellen Stand der Dinge. Sie ermittelt den Wärmebedarf der Gebäude und soll aufdecken, welche lokalen Potenziale für die Wärmeerzeugung zur Verfügung stehen. Auf dieser Basis formulieren die Verwaltungen in der Regeln in Kooperation mit spezialisierten Ingenieurbüros Ziele für die Wärmewende. Außerdem entwickeln sie Strategien und Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen. Darüber zu entscheiden haben allerdings die Stadt- und Gemeinderäte.
Eine kommunale Wärmeplanung lässt sich ansehen. In der Regel mit einem Geographisches Informationssystem (GIS) erstellen die Expert:innen einen Plan, der verschiedene Ebenen abbilden kann. Die Planer:innen und Ingenieurbüros teilen das gesamte Gemeindegebiet in eindeutig abgegrenzte Eignungsgebiete für die jeweils wirtschaftlichsten Versorgungslösungen auf. Zahlreiche Akteur:innen sind daran zu beteiligen. Besonders wichtig sind die Stadt- oder Gemeindewerke, die Kommunalpolitik sowie die verschiedenen Fachabteilungen der Kommunalverwaltung. Mit der Erstellung des Plans ist die erste Phase der kWP abgeschlossen. Die Ergebnisse der kWP sind zudem in der Raumplanung zu berücksichtigten, um eine Zielerreichung sicherzustellen.
Einen Teil der Maßnahmen kann die Kommune direkt anstoßen, andere werden durch die Stadt- oder Gemeindewerke und weitere Akteur:innen verwirklicht. Wichtig sind auch der gesetzliche Rahmen und die Förderlandschaft. Alle fünf Jahre ist das Planwerk laut Wärmeplanungsgesetz zu aktualisieren und an die sich weiter entwickelnden Umstände anzupassen.
Dänemark: Vorbild für die kommunale Wärmeplanung
In Deutschland haben einzelne Bundesländer, allen voran Baden-Württemberg, die kommunale Wärmeplanung on den vergangenen Jahren vorangebracht. Am 1. Januar 2024 ist dann mit dem „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz – WPG)“ ein Bundesgesetz in Kraft getreten. Es verpflichtet die Bundesländer, entsprechende Landesgesetze oder -verordnungen zu erlassen. Darin bestimmen sie auch die planungsverantwortliche Stelle. Es ist anzunehmen, dass das ausnahmslos die Kommunen sein. Die Länder werden sie verpflichten, sich um die kommunale Wärmeplanung zu kümmern. Die Wärmepläne sollen in Großstädten (ab 100.000 Einwohnern) bis zum 30. Juni 2026 vorliegen, in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern bis zum 30. Juni 2028.
In einigen europäischen Ländern besteht schon eine längere Tradition der Wärmeplanung. Am intensivsten, flächendeckendsten und längsten hat Vorreiter Dänemark die Wärmeplanung als strategisches Instrument geprägt. Es hat schon In den 1970er Jahren, angeregt durch die Ölkrisen, die kommunale Wärmeplanung entwickelt. Und seit Anfang der 1980er Jahre besteht eine flächendeckende Wärmeplanung. So ist Dänemark heute bereits sehr viel weiter als Deutschland fortgeschritten, was zahlreiche Kennzahlen der Wärmewende angeht. Auch wenn die konkrete administrative Situation in beiden Ländern verschieden ist: Die Entwicklung in Dänemark ist ein spannendes Vorbild und auch Inspiration für die Frage, welche organisatorischen und technologischen Lösungen sich möglicherweise auch in Deutschland verbreiten könnten.
Schritte für die kommunale Wärmeplanung
Der 2020 herausgebrachte Handlungsleitfaden der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA BW) unterteilte die Wärmeplanung in vier Hauptschritte:
- Bestandsanalyse,
- Potenzialanalyse,
- Aufstellung Zielszenario und
- Wärmewendestrategie.
Das WPG 2024 entwirft auf Basis dieser Vorlage in § 13 eine weit ausführlichere Gliederung des Ablaufs in zwölf Schritten. Es trägt damit der Beteiligung im Planungsprozess Rechnung und unterteilt die kommunale Wärmeplanung in die drei Phasen der Vorbereitung, Erstellung und Fertigstellung des Wärmeplans. Nachfolgend werden diese Phasen und Schritte skizziert und auf den vom Gesetzgeber herausgegebenen Leitfaden für ein ausführliches Studium der Schritte verwiesen.
Vorbereitung
Allem voraus geht ein politischer Beschluss zur kommunalen Wärmeplanung. Zur Vorbereitung gehören die interne Organisation (Schritt 1) sowie die Akteursanalyse und Prozessorganisation (Schritt 2). In Schritt 1 wird die Projektleitung festgelegt, eine mögliche interkommunale Kooperation sowie die mögliche Unterstützung durch einen Dienstleister geprüft. Ein solcher wird in der Regel eingebunden. In Schritt 2 werden relevante Verwaltungseinheiten eingebunden, sowie analysiert, welche weiteren Akteure im Prozess zu beteiligen sind. Die Prozessorganisation und Akteursbeteiligung wird geplant. Auf der Beteiligungsebene kommen die zentralen Akteure zunächst bei einem Auftakt-Workshop zusammen.
Erstellung
In einem dritten Schritt wird das Gemeindegebiet in Teilgebiete unterteilt. Dabei sollen die Kommunen im Rahmen einer ersten Eignungsprüfung auch ermitteln, welche Gebiete sich sehr wahrscheinlich nicht für ein Wärme- oder Wasserstoffnetz eignen. Dazu werden vorhandene Pläne und Informationen gesammelt und es werden im Rahmen einer Vorprüfung Teilgebiete identifiziert, für die auf eine Wärmeplanung ganz verzichtet werden kann bzw. bei denen eine verkürzte Wärmeplanung ausreicht. Auf Ebene der Beteiligung wird eine Auftaktveranstaltung angeboten.
Im vierten Schritt erfolgt die Bestandsanalyse. Datenquellen und Daten werden sondiert bzw. erhoben. Zentral sind hier Wärmeverbräuche/-bedarfe, Wärmeerzeuger und Infrastrukturen der Wärmeversorgung.
Potenzialanalyse
Die Potenzialanalyse (Schritt 5) beinhaltet ein Flächenscreening, Potenzialerhebung erneuerbare Energien und unvermeidbare Abwärme, Prüfung des Einsatzes von Großwärmespeichern und die Abschätzung der Energieeinsparpotenziale von Gebäuden und Prozessen. Wichtig zu betonen ist dabei, dass die Suche nach Flächen in dem Umfang notwendig ist, der sich aus den Zielen der Wärmeplanung und den vor Ort vorhandenen Bedingungen ergeben. Lediglich noch nicht anderweitig eingeplante Flächen zu betrachten, reicht nicht aus. Ein umfangreiches Flächenscreening ist nötig.
Im sechsten Schritt werden die Ergebnisse der Bestands- und Potenzialanalyse sowie der Eignungsprüfung für Teilgebiete ohne und mit verkürzter Wärmeplanung wie auch die Karte der Wärme(linien)dichten verschriftlicht. Die Infrastruktur der Wärmeversorgung, Daten zum Energieverbrauch und zur Energieträgerverteilung sowie verfügbare Potenziale und Flächen werden schriftlich wie auch kartografisch dargestellt.
Wichtig sowohl bei der Bestands- als auch der Potenzialanalyse: Das gesamte Gemeindegebiet wird betrachtet und die Informationen werden in einem GIS-System räumlich dargestellt und für die weitere Analyse und Bearbeitung gespeichert. Von besonderer Bedeutung wird der Aufbau und die zukünftige Nutzung von Programmen zur automatisierten Prozessierung von relevanten räumlichen Daten sein. So können sich Verwaltung und Expert:innen mehr auf die komplexeren Aspekte, wie der Interpretation der Daten und die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen, konzentrieren.
Das Gesetz verpflichtet Dritte zur Weitergabe relevanter Daten in definierter maschinenlesbarer Form, so dass es möglich ist, die notwendigen bis auf Einzelgebäudeebene aufgelösten Daten zu erhalten. Bei der Veröffentlichung der kWP werden die exakten Daten dann räumlich aggregiert, um auch datenschutzrechtlichen Anforderungen zu entsprechen.
Gebietseinkategorisierung und Zielszenario
In den Schritten 7 und 8 werden voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete und ein Zielszenario für diese festgelegt. Auf der Beteiligungsebene werden sowohl Fachleute konsultiert als auch öffentliche Veranstaltungen abgehalten. Die Ableitung des zukünftigen Wärmebedarfs und der ökonomisch sinnvollsten Methode der Deckung dieses Bedarfs im Rahmen der vorhandenen Ziel-Leitplanken erfolgt iterativ zwischen Kommunen und (potenziellen) Netzbetreibern. Zentrale Bedeutung wird in dichter besiedelten Gebieten der Aus- bzw. Aufbau von Wärmenetzen haben. In weniger dicht besiedelten Gebieten wird in aller Regel die dezentrale Wärmepumpe die bedeutendste Technologie darstellen.
Schritt 9 beinhaltet die Umsetzungsstrategie. Eine Long-List möglicher Maßnahmen wird erstellt. Die Maßnahmen werden schrittweise strukturiert und priorisiert. Das mündet in einer Umsetzungsstrategie, Maßnahmensteckbriefen, Kostenschätzungen und der Darstellung von Finanzierungsmöglichkeiten. Grundsätzlich ist es dabei ratsam, Maßnahmen, die in späterer Zukunft umgesetzt werden sollen, weniger detailliert zu untersuchen und beschreiben, als solche, die kurzfristig angegangen werden müssen. Auf der Beteiligungsebene werden Workshops und kooperative Veranstaltungen angeboten.
Anschließend wird in Schritt 10 der Entwurf des Zielszenarios einschließlich der Gebietseinteilung in den Stützjahren (Jahre, für die Zwischenziele definiert sind) sowie im Zieljahr dargestellt und veröffentlicht. Die allgemeine Öffentlichkeit, die in ihren Aufgabenbereichen berührten Behörden, Träger öffentlicher Belange und alle weiteren relevanten Akteur:innen erhalten die Möglichkeit zur Einsicht und Stellungnahme für einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen, bevor das Dokument mit diesen Eingaben im Blick finalisiert wird.
Fertigstellung der kommunalen Wärmeplanung
In Schritt 11 wird der Wärmeplan finalisiert. Dazu erfolgt eine Bewertung der eingegangenen Stellungnahmen, die anschließende Überarbeitung der Ergebnisse sowie der Beschluss des Wärmeplans. Abschließend erfolgt die Veröffentlichung des finalen Wärmeplans.
Umsetzung
Womit die Herausforderung erst richtig anfängt. Denn anschließend beginnt die Umsetzung der Maßnahmen und das Monitoring. Zudem wird der Wärmeplan alle fünf Jahre fortgeschrieben. Auf der Beteiligungsebene werden etablierte Austauschformate fortgesetzt. Die Maßnahmen können in die vier Strategiefelder Verbrauchen, Versorgen, Regulieren und Motivieren unterteilt werden.
Das WPG wird vom Gesetzgeber durch einen ausführlichen Leitfaden, einen Technikkatalog sowie einen Leitfaden kompakt begleitet. Diese Dokumente sind nicht gesetzlich bindend, sollen aber die planungsverantwortlichen Kommunen darin unterstützen, einen für die Kommune zielführenden und hilfreichen Ansatz zur Erstellung, Umsetzung und Fortschreibung des Wärmeplans bis 2045 zu finden. Gesetz und Leitfäden sind hier zu finden.
Zum Autor: Jan Walter ist Dipl.-Geograph und arbeitet freiberuflich als Berater für Klimaschutz und Energiewende mit Schwerpunkt Wärmewende. Zuvor war er viele Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) im Bereich kommunaler Klimaschutz tätig. Am Difu bot er seit 2018 Seminare zur kommunalen Wärmeplanung an und hat gemeinsam mit einem Kollegen Kurzgutachten zum Thema für das UBA verfasst.
Aktuelle Artikel zum Thema kommunale Wärmeplanung finden sie auf dem Solarserver unter diesem Link.
Aktualisiert: 1. Oktober 2024
© Solarthemen Media GmbH