Mini-PV-Anlagen sind Systeme aus Photovoltaik-Modul und Modulwechselrichter, die sich technisch über eine Steckdose ans Stromnetz anschließen lassen. Manchmal werden sie auch als Komplettpaket inklusive Montagesystem geliefert. Mini-PV-Anlagen haben viele Bezeichnungen, wie z.B. Stecker-PV-Gerät und Balkon-Solaranlage. In der Anfangszeit Mitte der 2010er Jahre waren sie auch unter dem Namen „Guerilla-Solaranlage“ bekannt, da ihr rechtlicher Status zunächst umstritten war und sie eine Einspeisung ohne Wissen der Netzbetreiber und Stromversorger ermöglichten. Die Mini-PV-Systeme sind ebenso wie Haushaltsgeräte als funktionsfähiges Gesamtsystem erhältlich und wurden für die Inbetriebnahme durch Laien entwickelt, weshalb einige Fachleute Wert auf die Bezeichnung „Gerät“ statt „Solaranlage“ legen.
Seit 2018 ist der Anschluss an den Endstromkreis per Norm unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich zulässig. Nach langen technischen, juristischen und politischen Debatten besteht mittlerweile ein recht breiter Konsens, dass der Anschluss der Steckersolargeräte einfacher werden soll. Die meisten der unten beschriebenen Probleme könnten daher bald obsolet sein.
Balkon-Solaranlage auch für Mehrfamilienhäuser
Die kleinen Balkon-Solaranlagen sollen es auch Mieter:innen ermöglichen, eigenen Photovoltaikstrom zu nutzen. Auch gilt es als Zweck von Mini-PV-Anlagen, die Nutzung von Photovoltaik zu vereinfachen, sodass eigentlich keine Installation durch Fachkräfte mehr nötig ist. Tatsächlich sind laut Umfragen die allermeisten Steckersolargeräte aber in Ein- und Zweifamilienhäusern installiert, die von den Eigentümern bewohnt werden. Die Montage am Geländer oder der Gebäudefassade braucht derzeit schon wegen der optischen Wirkung die Zustimmung des Vermieters beziehungsweise der Eigentümergemeinschaft. Wer zur Miete wohnt, muss daher bisweilen aufwändige Anforderungskataloge der Vermieter abarbeiten oder darf gar keine Balkonsolaranlage installieren. Zu den häufigsten Forderungen gehört, die Anlage über eine Spezialsteckvorrichtung anzuschließen oder fest mit dem Stromkreis zu verbinden. Damit ist der Vorteil der einfachen Installation hinfällig.
Einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf die Installation eines Steckersolargerätes in Mietwohnungen gibt es bisher nicht. Gerichtsverfahren gingen unterschiedlich aus. Wer im Eigenheim wohnt und auf keine Zustimmung angewiesen ist, kann die Normen de facto ignorieren, da sie keine Gesetzeskraft haben.
Sicherheit und Normen für Mini-PV-Anlagen
Sowohl die Einspeisung über eine (Schuko)-Steckdose als auch der Anschluss durch Laien stießen anfangs auf massiven Widerstand. Viele Netzbetreiber, Stromversorger und Elektrofachunternehmen warnten vor Gefahren durch Stromschläge und Brände.
Die Gefahren im Zusammenhang mit Stecker-Solaranlagen sind nicht aus der Luft gegriffen, aber technisch beherrschbar. Nach und nach etablieren sich Standards und Normen für dieses neue Feld. Der Arbeitskreis PVPlug der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) erarbeitete zusammen mit einigen Herstellern den ersten Sicherheitsstandard für die Mini-PV-Geräte.
Ein Arbeitskreis der Deutschen Kommission für Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) hat mittlerweile eine umfassende Produktnorm erarbeitet, die mittlerweile schon die Kommentarphase hinter sich hat und bald final vorliegen könnte. So sollen Verbraucher:innen sichere von unsicheren Anlagen unterscheiden können. Beteiligt sind an der Norm u.a. die DGS, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme und der Hersteller Indielux.
Auch wenn Anbieter und Solarvereine gern auf die Sicherheit der Geräte verweisen, ist die Norm keinesfalls reine Bürokratie. Unter anderem Gebrauchsanleitungen und Sicherheitshinweise der Steckersolargeräte lassen bei vielen Anbietern stark zu wünschen übrig. Vereinzelt gab es auch bereits Berichte von Bränden im Zusammenhang mit Minisolaranlagen und Batterien, insbesondere mit selbst zusammengestellten Komponenten.
Grundsätzlich gilt: Auf keinen Fall sollte man mehrere Steckersolargeräte über eine Mehrfachsteckdose verbinden, die zulässige Höchstleistung überschreiten oder Batterien in der Sonne aufstellen.
Einspeisung in die Steckdose
Durch die Einspeisung von Strom über die Steckdose in den sogenannten Endstromkreis wird u.a. die Sicherung umgangen. Das ist auch dann der Fall, wenn die Schukosteckdose durch eine Spezialsteckdose ersetzt wird. So wäre es theoretisch möglich, dass zu hohe Ströme in die Leitungen gelangen und diese überhitzen, was im schlimmsten Fall zu Bränden führen könnte. Um das auszuschließen, darf nur eine begrenzte Leistung angeschlossen werden. Seit 2018 regelt die DIN VDE 0100-551 ausdrücklich, dass in Deutschland Leistungen bis zu 600 Watt über den Endstromkreis ins Hausnetz eingespeist werden dürfen. In anderen Ländern, z.B. Österreich gelten zum Teil andere Grenzen. Das ist den etwas unterschiedlichen Reserven in der Hausinstallation geschuldet. Wer mehr anschließen will, sollte auf jeden Fall eine Elektrofachkraft zu Rate ziehen. Seit Inkrafttreten der DIN VDE 0100-551 sperren sich nur noch wenige Netzbetreiber grundsätzlich gegen die Mini-PV-Anlagen.
Anschluss einer Mini-Solaranlage über Schuko-Stecker?
Für Diskussionen sorgt dagegen noch immer der Anschluss an eine Steckdose über den haushaltsüblichen Schuko-Stecker. Dessen Kontakte sind nicht vor Berührung geschützt. Da die PV-Module im Gegensatz zu den meisten Haushaltsgeräten Strom erzeugen, könnte man also ohne Schutzvorkehrungen an den Steckerstiften einen Stromschlag bekommen.
Um das auszuschließen, definiert die – ebenfalls neue – VDE V 0628‐1 einen Spezialstecker mit berührgeschützten Kontakten. Dieser sogenannte Wieland-Stecker erfordert allerdings auch eine spezielle Steckdose. Damit wäre also doch wieder eine Elektrofachkraft für die Installation erforderlich.
Als Alternative zum Spezialstecker führen Hersteller den sogenannten NA-Schutz an, eine Sicherheitsvorrichtung im Wechselrichter. Diese trennt die PV-Module elektrisch vom Stecker, wenn dieser gezogen wird. Die Technologie ist lange bekannt, in einer eigenen Norm definiert und Standard in den Mini-PV-Anlagen aller seriösen Hersteller. Sie ist zudem als Anforderung an Mini-PV-Geräte im DGS-Standard beschrieben und soll auch Gegenstand der geplanten Produktnorm werden. Allerdings wurde der NA-Schutz nie als Schutz vor elektrischem Schlag entwickelt. Versagt er, ist keine weitere Absicherung vorgesehen. Zudem kann er um mehrere Sekunden verzögert auslösen, wenn zwar das Netz ausfällt, aber noch Verbraucher aktiv sind. Aktuell rät allerdings auch der VDE dazu, die Einspeisung über die Schuko-Steckdose zu „tolerieren“.
Netzanschluss und Anmeldung
Ebenso wie ortsfeste PV-Anlagen müssen auch die Stecker-Solargeräte beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur angemeldet werden. Im Gegensatz zu großen Photovoltaik-Anlagen, bei denen die Anmeldung beim Netzbetreiber über eine Fachkraft laufen muss, können die Nutzer:innen das bei den Mini-PV-Geräten selbst tun. Dafür gibt es bei vielen Netzbetreibern ein vereinfachtes Verfahren. Doch die Formulare und das Prozedere der Netzbetreiber unterscheiden sich dabei stark. Mindestens werden Standort, Kontaktdaten sowie Leistung und Fabrikat der angeschlossenen Module gefordert. Bei den Anmeldungen im Marktstammdatenregister kommt es immer wieder zu Verwechslungen mit Unterhaltungswert, wenn zum Beispiel im Garten aufgestellte Steckersolargeräte als Freiflächenanlagen gemeldet werden.
Die weiteren Forderungen der Netzbetreiber sind weiterhin oft Gegenstand von Diskussion. In den meisten Fällen verlangen diese eine schriftliche Bestätigung, dass der Anschluss über einen Sicherheitsstecker erfolgt. In einzelnen Kommunen, wie Freiburg und Bad Oeynhausen, bezuschusst die Kommune Anlagen mit den speziellen Steckern oder die Installation der speziellen Steckdosen.
Ist für Mini PV ein Zählertausch erforderlich?
Ein häufiger Konfliktpunkt sind die Kosten für einen möglichen Zählertausch. Einige Netzbetreiber verlangen, dass die Kunden diesen beauftragen und die Kosten übernehmen. Andere tauschen den Zähler auf eigene Kosten oder haben ohnehin bereits geeignete Zähler im Einsatz.
Wenn der Nutzer selbst die Installation von speziellen Steckdosen und den Zählertausch zahlen muss, ist der Betrieb einer Mini-PV-Anlage in der Regel unwirtschaftlich. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bezeichnet diese Forderung einiger Netzbetreiber allerdings als nicht rechtmäßig und erklärt, die Netzbetreiber würden damit ihre Kompetenzen überschreiten. Sie betont, dass allein der Messstellenbetreiber für die Auswahl und Installation des geeigneten Messgerätes zuständig sei. Standardmäßig ist der Netzbetreiber meist auch der Messstellenbetreiber. Es ist jedoch möglich, den Messstellenbetreiber zu wechseln. Das kann sich lohnen, da die Messstellenbetreiber in der Praxis durchaus unterschiedlich mit den Balkon-Solaranlagen umgehen.
Montage und baurechtliche Vorschriften
Die Montage an Balkongeländern ist eine sichtbare Veränderung am Gebäude. Daher ist hierfür die Zustimmung der Eigentümer nötig. Im Falle von Eigentümergemeinschaften heißt das: Ein gemeinsamer Beschluss muss her.
Darüber hinaus dürfen die Module niemanden gefährden. Glas-Folien-Module dürfen für die sogenannte Über-Kopf-Montage (d.h. wenn sich Personen unter den Modulen aufhalten können) zum Beispiel gar nicht eingesetzt werden. Die Sicherheit der Montagesysteme soll auch Gegenstand der für 2023 erwarteten Produktnorm sein. Allerdings liefern nur wenige Anbieter ihre Mini-PV-Systeme inklusive Montagezubehör. Besonders rar sind Systeme, die man von außen an Balkongeländer montieren darf. Viele Mini-PV-Systeme werden allerdings gar nicht auf Balkonen aufgestellt, sondern zum Beispiel auf Garagendächern oder in Schrebergärten. Eine Übersicht über die Systeme und das verfügbare Zubehör gibt es bei PV-Plug.
Aktualisiert: 24. Mai 2023
Aufmacherfoto (Foto oben): Indielux